16. Tag der Werktätigen des Fernmeldewesens

June 27th, 2003

Nachdem ich Wau-Videos und Tapes gesichtet hatte, wanderte ich übers Rübchen und Wienrode nach Blankenburg und nahm dabei seitenweise Notizen auf.

Wenn jemand Wau als unpolitischen Technikinteressierten hinstellen will, verniedlicht er ihn; wer ihn als verkappten linksradikalen Unterwanderungskünstler sieht, überdramatisiert ihn. Konrads Hippie-Einschätzung trifft wohl am besten: er war ein elektrifizierter Hippie. Wenn er Ahnherr irgendeiner Szene war, dann der Goa- Szene.

Daß Benny in Auerworld war und Wau dort hätte sein wollen, wenn er nicht schon im Koma gelegen hätte; daß Benny dort an Wau und seine Erzählung von mexikanischen Totenbräuchen dachte – das ist ein schöner Gedanke fürs Ende.

Gibt’s in der Heidelberger Uni-Bibo das “kursbuch 20” mit dem Beitrag “Bausteine zu einer neuen Theorie der Medien” von Hans Magnus Enzensberger?

Ali G. ist weiterhin der beste Beweis für die These, daß die meisten Leute es wirklich nicht mehr verstehen, wenn ihnen jemand etwas sagt. Er kann einem wichtigen Menschen kriminelle und obszöne Äußerungen unterschieben, ohne daß diese das wirklich merken. Okay, es ist englisch…

Der obszönste Auftritt, den das Fernsehen seit langem zu bieten hatte, war FDP-Brüderles Rede im Bundestag zur Arbeitsmarktreform. Der spielt keine Rolle wie die anderen Abgeordneten; der glaubt es wirklich, so wie er rumschreit und ausflippt. In Jena haben wir ihn ja schon aus dem Fenster tönen gehört (“Arbeitslose! Leistungsverweigerer!”), jetzt habe ich seine Ausfälle kurzerhand mitgeschnitten, he goes like: die ostdeutschen Bittsteller, denen man gnädigerweise für ihre alten Schrotthalden richtige Autowerke hingestellt hat, gerade die mucken jetzt auf, während bei den Tschechen alle für drei Mark gehen – er kriegt sich nicht mehr ein, die Stimme überschlägt sich, er sucht immer nach der PDS-Fraktion, die ja nicht mehr da ist, sonst müßte sie um Leib und Leben fürchten. Klassenkampf – man kann nicht mit ihm, man kann nicht ohne ihn…

Na, nu ersma und noch eine kleine Lokalpresse-Zeitungsschau:

– “Die Voruteile waren vor Antritt der Reise ins Mansfelder Land sehr groß”, erzählte Lehrer Reschke aus Troisdorf bei Köln. Für viele sei es die erste Fahrt in die neuen Bundesländer gewesen. Von den Benndorfern gab es dagegen niemanden, der noch nicht im anderen Teil Deutschlands gewesen war.

– Die Kreisliga Aue hat ihren Skandal, weil die Fußballer aus Johanngeorgenstadt 3:0 beim EFC Aue gewannen. Aber eben nicht wirklich. Denn beide Seiten hatten sich auf ein Phantom-Spiel geeinigt. Es fand nur auf dem Papier statt. (…) Pure Besetzungsnot ließen die Richter als Begründung der Mauchelei nicht gelten. Diese humorlosen Miesepeter! Immerhin wurde im Einvernehmen ein Problem gelöst, ohne dass jemand Schaden genommen hätte. Was ja nicht gerade die Regel ist.

– Pflanzen-Rausch: Mit Nachtschattengewächsen wie Engelstrompete und Stechapfel berauschen sich immer mehr junge Menschen.

– Im Swing rücken die afrikanischen Elemente des Jazz weiter in den Hintergrund.

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