Studying up

March 11th, 2007

Zufällig über Bekannte in ein Abendessen geraten, bei dem auch ein Mitarbeiter des Kanzleramts und ein Diplomat vom Balkan zugegen waren, die sich mit verschiedenen Spielarten von Rassismus und verbalem Klassenkampf überboten. Aus jedem Satz sprach die bürgerliche Verachtung für die Verlierer, während gleichzeitig der interkulturelle Austausch gepriesen wurde.

Kam vom Diplomaten hauptsächlich klassisch Autoritäres über Türken, die ihn in der S-Bahn angestarrt haben und die er im Gegensatz zu Polen als “Ausländer” beschreibt, hatte der deutsche Regierungsmitarbeiter solche Sätze auf Lager: “Nur ein paar Straßen von hier wohnen nur noch “Ausländer”, an dieses Gefühl hat man sich aber gewöhnt.”

Meine gelegentlichen Einwände scheint er überhaupt nicht zu hören – im Gegensatz zu seiner Frau, die sichtlich erfreut ist, daß es mal Widerspruch gibt. Er erzählt über “Deutschlands frechsten Arbeitslosen“, den er als betrunken schildert, weil “Hartz-IV-Empfänger doch alle betrunken” sind. In die endlosen Erörterungen darüber, in welchem Stadtbezirk wieviele “Ausländer” wohnen – wobei es offensichtlich nur um Türken und Araber geht – sage ich, daß ich mich überall wohler fühle als dort, wo es nur Deutsche gibt. Auf die geäußerte Hoffnung, die “Ausländer” würden sich schon irgendwann alle “assimilieren”, frage ich, an wen überhaupt und wann sich die Deutschen endlich assimilieren würden.

Schließlich sind wir bei Beckstein und “Mehmet” angekommen. Beckstein scheinen sie beide wie einen Heiligen zu verehren, weil er mal richtig durchgegriffen habe und diesen “kriminellen Ausländer rausgeworfen” habe. Ich sage, Mehmet war aber vor allem Deutscher und damit Angelegenheit der deutschen Rechtsprechung. Es kommt zu einem kleinen Eklat, weil es wiederholt heißt, er wäre “Ausländer” gewesen. Die Frau des deutschen Regierungsmitarbeiters amüsiert sich darüber, daß es auf meine Bemerkung, “Mehmet” wäre also wegen seines Namens ausgewiesen worden, keine Antwort mehr gab.

Wie der arme Mann das überhaupt aushält, unter einer Frau aus dem Osten zu arbeiten?

7 Responses to “Studying up”

  1. salzi Says:

    na, das klingt doch nach einem wirklich netten abend

  2. classless Says:

    Nun ja, das Essen war sehr gut.

  3. jochmet Says:

    “Nur ein paar Straßen von hier wohnen nur noch “Ausländer”, an dieses Gefühl hat man sich aber gewöhnt.”

    Ich kenne keinen, dem es nicht so erging, als er zum ersten mal z.B. durch Berlin-Neuköln lief.
    Und selbst dann wundert man sich manchmal noch…

    Ansonsten Kompliment: Wacker durchgehalten und sogar noch Paroli geboten. Reschpekt!

  4. nonono Says:

    Was für ein Gefühl hat er denn genau?

  5. jochmet Says:

    Verwunderung, vermutlich mit einer Spur Neid gemischt.

  6. nonono Says:

    Ach so, und der deutsche Regierungsmitarbeiter?

  7. jochmet Says:

    Größenwahn unterlegt mit Paranoia?

    Wer bietet mehr? 😉

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