Demo gegen Hamburger Unzumutbarkeiten

December 13th, 2009

Gastbeitrag von Posiputt

Auf dem Weg zur Demo gesehen: Plakate mit gleicher Optik wie das des Bündnisses gegen Hamburger Unzumutbarkeiten, nur mit anderem Text, in etwa: “Für Zionismus und Islamophobie! Auch von links!”

Nach einigem Herumstehen vor der Roten Flora — ein Kabel für den Lauti fehlte — ging es kurz nach 14 Uhr los mit zwei Redebeiträgen, der erste inhaltlich deckungsgleich mit dem Aufruf der zweite ähnlich und von Band. Leider habe ich nicht mitbekommen, von wem der nun war. Danach brach die Demo, mittlerweile 300-500 Leute mit vielen Israel- und ein paar FAU-Fahnen (und einer der USA), auf in Richtung Brigittenstraße.

Beschallt mit weiteren Redebeiträgen u.a. von einem Vertreter der jüdischen Gemeinde Pinneberg (“Wir als Juden finden das unerträglich!”), ansonsten weitgehend ereignislos und ohne besondere Aufmerksamkeit oder Reaktion seitens der Anwohner und Passanten wurde die Route von etwa einem Kilometer abgelaufen bis zum Paulinenplatz. Zwischendurch schimpfte eine ältere Frau mit Palituch vom Bürgersteig aus den Lauti an.

Der Zugang zur Brigittenstraße wurde an beiden Enden blockiert von Polizeiketten. Mit Grund: eine Gegendemo, die lautstark (“Hoch die internationale Solidarität!”, ansonsten irgendwelche Musik) versuchte, unseren Lauti zu übertönen. Wegen der Entfernung und riesengroßen gepanzerten Menschen konnte ich leider nicht erkennen, welches Ausmaß die Gegendemo hatte, aber vom Lärmpegel her waren es sicher einige Zehn “Antizionisten”. Über dem Eingang zum B-Movie waren auch schon Transpis angebracht, von denen vom Paulinenplatz aus kein einziges vollständig zu lesen war; eins davon jedoch als ein Zitat von Emanuel Goldfarb aus “Ein ganz gewöhnlicher Jude” zu erkennen: “Der Antisemit würgt, der Philosemit umarmt. Bei beiden bleibt mir die Luft weg.”

Beim folgenden Rumstehen auf dem Paulinenplatz wurde per Lauti mehrfach gebeten, sich nicht von der Gegendemo provozieren zu lassen. So richtig angespannt wirkte die Stimmung aber sowieso nicht. Außerdem wurde angekündigt, dass irgendwann ein Haufen Fans des FC St. Pauli auftauchen würden, die man dann bitte zum Fanladen durchlassen solle. Diejenigen, die die Vorführung von “Warum Israel” im B-Movie besuchen wollten, sollten dann unter Polizeischutz zum Kino gebracht werden, wann genau das aber sein sollte, wurde nicht klar. Nachdem die Pauli-Fans in vielen kleinen Grüppchen angekommen waren und etwas verwirrt in der Brigittenstraße rumstanden, tat sich nichts weiter, als daß ein paar Mal von wenigen Leuten “Gegen jeden Antisemitismus, gegen Deutschland, für den Kommunismus” gerufen und in weiteren Redebeiträgen der Antizionismus geschmäht wurde.

Wegen furchtbar kalter Füße und der nervig-unklaren Situation verließ ich die Demo kurz nach 16 Uhr. Zu dem Zeitpunkt war die Gegendemo leise und unauffällig, auch unsere Demo war bereits deutlich geschrumpft und die Kinobesucher waren noch nicht zum Kino gebracht worden.

320"
Foto im BgHU-Blog

16 Responses to “Demo gegen Hamburger Unzumutbarkeiten”

  1. Christoph M Says:

    Der Spruch der gerufen wurde heißt: Gegen jeden Antisemitismus, NIEDER mit Deutschland und für den Kommunismus. 😉

    Das mit dem Polizeischutz hat geklappt. War aber auch nötig. (Es gab dann aber keine Karten mehr.)

    Auf dem anderen Transpis stand: “Gegen Antisemitismus. Gegen Antizionismus. Antizionismus heißt Ausbeutung, Imperialismus und Rassismus” (!!)
    und “Keinen Schritt mit Antideutschen” oder so.

    Es war wirklich scheiß kalt.

  2. Christoph M Says:

    Auf ihrem Transpi stand natürlich: “Zionismus heißt Ausbeutung, Imperialismus und Rassismus.” Sorry, bin schon etwas müde.

  3. Nie wieder Hamburg! « USELESS Says:

    […] Andere Meinungen zum Thema: hate your Heimat: „Goodbye Linke!“ bonjour tristesse: „Scheiß Magdeburg!“ Redaktion Bahamas: „Als wir uns einmal…“ aka göttingen: „Rückzugserklärung“ classless Kulla: „Demo gegen Hambu…“ […]

  4. posiputt Says:

    bericht bei taz.de: http://bit.ly/6fkpqy

  5. Infos zur Demonstration gegen Antisemitismus in Hamburg am 13. 12. 2009 « meta . ©® . com Says:

    […] Classless Kulla (13.12.09): Bericht von der Demonstration am 13.12.09 […]

  6. dj tipex Says:

    Weil ich es genau so erlebt habe, habe ich den Demo-Bericht bei mir zitiert und verlinkt.

  7. Christoph M Says:

    “Stattdessen hat die Sozialistische Linke (SOL) Transparente mit der Aufschrift “Gegen Antisemitismus, gegen Zionismus” und “Kein Weg für und mit Antideutsche(n)/Antilinke(n)” aufgehängt. Darunter verkaufen die Veranstalter die letzten Eintrittskarten. Von solchen Provokationen abgesehen aber bleibt es friedlich. ”

    Quelle: http://www.taz.de/regional/nord/hamburg/artikel/1/begegnung-unter-polizeischutz/

  8. Folke Says:

    “Nieder mit Deutschschland” und sich gleich im nächsten Satz darüber freuen, das der Polizeischutz geklappt hat? Ja was denn nu? Weg mit Schland, aber seine Bullen sind die Guten?
    Ich könnte mit so Knoten im Kopp nicht leben…..

  9. Kuno Says:

    So ging’s dann noch weiter:

    “„Der Erfolg der Demonstration war, dass heute, anders als im Oktober, der Film ‘Warum Israel’ gezeigt werden konnte – trotz des erneuten Aufmarsches der Antisemiten vor dem B-Movie“, erklärte Andreas Benl, Sprecher des aufrufenden Bündnisses. Dabei sei deutlich geworden, dass ohne die Unterstützung der Demonstranten eine Wiederholung der antisemitischen Angriffe nicht auszuschließen gewesen wäre. Benl: „Die Polizei hatte im Vorfeld zugesichert, dass der gefahrlose Zugang zum Kino für Gäste gewährleistet werde. Tatsächlich konnten sich die Israelhasser zu einem Spalier direkt vor dem Eingang des Kinos formieren. Wer den Film sehen wollte, wurde nicht nur bepöbelt, sondern auch systematisch fotografiert. Der Gang zum Kino glich für die Zuschauer einem Spießrutenlauf – während die Polizei untätig zusah.“ Erst nach entschiedenen Protesten der Demonstrationsleitung habe sich die Polizei bereit gezeigt, interessierte Besucher als Gruppe sicher zum Kino zu geleiten.

    Redner der Demonstration machten deutlich, dass die Durchsetzung des Films nur ein erster Schritt sein könne. Das Ziel müsse vielmehr darin bestehen, antisemitische Hetze und Gewalt, wie sie vom »Internationalen Zentrum B5« ausgeht, in Zukunft zu unterbinden.”

    http://b-g-h-u.blogspot.com/2009/12/500-menschen-demonstrieren-gegen.html

  10. Jedi Ritter Says:

    @Folke: Ja klar, lieber von Antisemiten auf die Fresse hauen lassen, als den Schutz der bösen Bullen in Kauf nehmen! Alles andere wäre ja voll konterrevolutionär!

  11. posiputt Says:

    @christoph danke fuer die korrektur, sieht auch gleich viel smoooother aus 😉

    @classless oha, fotos suchen! da hatte ich nicht mehr dran gedacht, sorry.

  12. Gehirnschnecke Says:

    @ Folke

    Was überanstrengt Dein Gehirn? Die Tatsache, dass man den Staat scheisse findet, es aber viele Dinge gibt, die noch viel beschissener sind? Wahnsinnig kompliziert, das alles…

  13. posiputt Says:

    vielleicht noch gut zu wissen ist, dass die ‘freien radikalen hamburg’ auf beiden demos ein flugblatt verteilt haben. der text wurde als kommentar auch unter die auf indy gespiegelte fassung des berichts gepostet.

    http://de.indymedia.org/2009/12/268681.shtml

  14. Aktionskletterer Says:

    Der Duisburger Fahnenstreit ist wohl schon vergessen? Damals wurde auch darauf hingeweisen dass ein solcher Vorfall nicht ohne Grund in genau dem Bundesland auftritt wo auch der Verfassungsschnulz seine Zentrale hat (und als erstes entsprechende Hetze in seinen Publikationen) und daher auch die anderen Länder mit betrifft. Es mag vielleicht bequemer erscheinen, sich mit der Staatsgewalt auseinanderzusetzen welche die Kinohelden verprechen als mit der die tatsächlich vorhanden ist, aber sicherer ist es nicht. Auch wenn beides nicht miteinander vergleichbar ist, die Position der Staatspolizei (gegen Antifaschismus und gegen Nazismus) ist doch genauso bescheuert widersprüchlich und unglaubwürdig wie die der Szenepolizei (gegen Antisemitismus und gegen Zionismus).

  15. AntiAntiSemit Says:

    Wow. Die FAU auf ner Anti-D-Demo.

  16. Alas! member2 Says:

    Bielefelder Unzumutbarkeiten

    Auch in der Bielefelder Szene wurde Antizionismus in letzter Zeit überdeutlich manifest. Ein jüdischer Antifaschist und Journalist durfte im Bielefelder AJZ seinen geplanten Vortrag nicht halten, weil irgendwer im Internet gelesen hatte, er habe vielleicht an einem Massaker in einem palästinensischen Dort teilgenommen – näheres wisse man allerdings nicht, wurde offen zugegeben. Auf der Versammlung, die das Stattfinden des Vortrags im AJZ schließlich ablehnte, fiel unter anderem die Bemerkung, dies sei doch selbstverständlich, schließlich lade man ja auch niemanden vom ‘Schwarzen September’ ein. Karl Pfeifer hat aber weder an einem Massaker teilgenommen, noch fand er offenbar die Assoziation seiner Person mit den Mitgliedern der antisemitischen Terrororganisation ‘Schwarzer September’ besonders witzig. Die Gruppe ‘Alas! (Denkbewegung Bielefeld)’ berichtet und kommentiert den Vorfall:
    http://www.redok.de/content/view/1605/7/

Leave a Reply

2MWW4N64EB9P