“Gravity” & der Unwahrscheinlichkeitsdrive im Hirn

July 27th, 2014

(Hab den Film erst Monate nach Kinostart gesehen, und das ist jetzt auch schon wieder Monate her…)

Das könnte für einen Raumfahrt-Werbefilm gehalten werden: Sandra Bullock, spärlich bekleidet im Orbit, angebaggert von George Clooney, und das in gerade so dolle 3D, daß die meisten im Kino noch nicht kotzen müssen! Die Gravitation, von der hier die Rede ist, ist jedoch die von “Flieg nicht zu hoch, mein kleiner Freund”. Konterrevolutionärer Katzenjammer auch in der Erdumlaufbahn. Nichts mehr mit der “Saturn-V-Rakete im Kopf, die uns irre genug für die Revolution gemacht hatte” (Wolfgang Pohrt) oder “Steige Ikarus, fliege uns voraus!”

Denn – ob der Film das nun so vollständig erzählt – am Ende herrscht der Eindruck, daß sämtliche Menschen, die sich überhaupt noch im Orbit befunden hatten, tot sind, ihre Ausrüstung und Gefährte zerstört.

Die einzige Überlebende erreicht nach Nahtoderfahrung zwar die Planetenoberfläche, schwört sich aber, diese nie wieder zu verlassen (außer vermutlich mit Flugzeugen).

Wir lernen: durch im Grunde kleinere technische Pannen können jederzeit die Weltraumprogramme aller Staaten komplett zerplatzen, wobei auch das Leben einiger der besten Wissenschaftler und Techniker des Planeten riskiert wird. Irgendwie also eher die passende Begleitmusik zum Runterfahren der NASA-Programme – Amerika nimmt dem Anschein nach erstmal Abschied vom Weltraum.

Aber es ist interessant, bei der Nahtoderfahrung zu bleiben, denn sie ist ein weiteres Beispiel dafür, daß ins Kino die Möglichkeit Einzug hält, aus intensiven endogenen Rauschzuständen Nutzen zu ziehen, etwas zu lernen.

Während Superman in “Man of Steel” nur dadurch auf der Erde seine Superkräfte entfalten kann, weil er seinen extremen körpereigenen Rausch, die Reaktion seines Körpers auf die atmosphärischen Unterschiede der Erde zu seinem Heimatplaneten, zu meistern lernt, nutzt Sandra Bullock, um ihr Leben zu retten, den Unendlichen Unwahrscheinlichkeitsdrive in ihrem Nervensystem.

In Douglas Adams’ “Per Anhalter durch die Galaxis” durchfliegt ein Raumschiff mit diesem Antrieb “praktisch jeden Punkt des Universums gleichzeitig; außerdem wird die Reise häufiger von den absurdesten Zwischenfällen begleitet, zum Beispiel löst eine Aktivierung des Antriebs die Entstehung des Lebens aus und eine andere sorgt dafür, dass das Schiff samt Besatzung auf Miniaturgröße geschrumpft wird und in Zaphods Jackentasche landet.” Es “werden unwahrscheinliche Dinge auf einmal wahrscheinlich. Der Effekt hebt sich einige Minuten nach der Deaktivierung des Antriebs langsam selbst auf, die meisten Folgeerscheinungen bleiben jedoch bestehen.”

Adams beschreibt hier natürlich sehr schön den psychedelischen Trip der ebenfalls Momente aus unterschiedlichen Zeiten aufeinander stapelt (bzw. der das stärker macht als andere Formen von Rausch) und der auch nach Abklingen teilweise weiterwirkt, der aber nicht nur durch die Einnahme von LSD, Pilzen oder DMT herbeizuführen ist, sondern auch “von selbst” startet, wenn die Situation es erfordert oder erlaubt.


Ob das körpereigene psychedelische System, wie Strassman es annimmt, DMT nutzt, ist bisher nicht geklärt

Das heißt, im Angesicht des nahenden Endes, bei bereits spürbarer Unterversorgung des Körpers mit Sauerstoff, in völliger Ausweglosigkeit und Verzweiflung, nach bereits eingeleiteter Selbsttötung, blitzt in Sandra Bullocks Gehirn das ganz Unwahrscheinliche auf, in Gestalt von George Clooney und seinem sehr weit hergeholten Rat (den sich ihr Gehirn natürlich selbst zusammensucht), der dann eine riskante, aber letztliche erfolgreiche Lösung bietet – so funktioniert im besten Fall das körpereigene psychedelische System!

(Passender Link zum Posting.)

One Response to ““Gravity” & der Unwahrscheinlichkeitsdrive im Hirn”

  1. Hierarchieallergie Says:

    Den lebensfremden Promi-Beziehungskitsch und die kaum verhüllte Gelduntergangsstimmung mal beiseitegelassen bleibt die Tatsache: Es gibt keine geeignete Technik für Weltraumreisen welche nicht die Erde zerstört. Ein solches Antriebsmittel müßte erst ganz neu erfunden werden. Unter dem derzeitigen politischen und wirtschaftlichen System ist das unwahrscheinlich. Arbeitsgesellschaft und Obrigkeitsstaatlichkeit sind schöperischen Kräften von Grund auf abträglich. Wenn die Erde diese Probleme gelöst hat fällt vielleicht jemandem etwas ein, es scheint ja genügend Leute zu geben die das wollen. Kreativität ist das Unberechenbarste von der Welt, aber oftmals erst dann wenn alle Dummheiten durch sind. Es gibt eine Theorie die besagt dass sie gezielt darauf wartet.

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