Franziska Drohsel tritt aus der RAF aus

December 5th, 2007

Die öffentliche Aufregung um Franziska Drohsel wird allmählich bizarr. Besonders eifrige Interpreten haben jetzt eine Seite mit dem zielsicheren Titel “Stoppt Drohsel!” eingerichtet, auf der ihr unter anderem zur Last gelegt wird, gegen eine Verschärfung der Zumutbarkeitskriterien bei Hartz IV zu sein.

Nicht mal die überall verlinkten Verfassungsschutzberichte geben wirklich was her:

>>Kampagnen zur „Freilassung der politischen Gefangenen aus der RAF“, wie sie von der „Roten Hilfe e. V.“ zuletzt im Jahr 2000 gestartet worden, aber damals schon auf geringe Resonanz gestoßen waren, blieben aus. Mobilisierungserfolge zum traditionellen bundesweiten Aktionstag „18.3. Freiheit für alle politischen Gefangenen“, ein wichtiges Datum für Linksextremisten über viele Jahre, sind inzwischen rückläufig. Die noch heute einsitzenden letzten RAF-Inhaftierten haben für die nachgewachsene Generation in der linksextremistischen Szene keine wirkliche Bedeutung mehr, zumal die Jungen offenbar nicht mehr willens und in der Lage sind, sich mit dem politischen Ansatz der früheren Terrorgruppe zu identifizieren.<< Auf "Stoppt Drohsel!" sind die Fronten dennoch klar: Menschen, die mit "Franzi" sympathisieren (also Extremisten), dürfen nicht ins Gästebuch, “Gleiches gilt für echte und falsche Nazis!”

Und was steht dann noch drin? Solche Kunstwerke:

>>Es ist und bleibt das erste Merkmal der Linken – verlieren, zurückweichen, aufgeben und einknicken. Gegen die eigene Überzeugung (1), aber im Einklang mit der Vernunft, nur besiegt durch diese elende Angst der Linksfaschistinnen vor sich selbst und ihrer Identität kriecht die Juso-Vorsitzende Franziska Drohsel vor den Demokraten jetzt elendig zu Kreuze und tritt aus der Hilfsorganisation “Rote Hilfe” aus. Es ist so erbärmlich, dass einem die Worte quellen. Gleichzeitig hat man Mitleid mit allen, die in linken Organisationen sind. Sie sind verflucht, verdammt und zu Eis gefroren, behindert in ihrem Selbst, immer in Gefahr durch das Stigmata des selbstbewussten, autonomen Individuums verbrannt und verbannt zu sein, am Rande, nicht dazugehörig, kein Teil der Masse sondern eine Persönlichkeit die stehenbleibt gegen Leute wie mich.
Es ist schade. Ich bin traurig. Wir sind eine Niederlage. Allerdings nur für Linke, die eine “linke” Organisation nötig haben um es dann doch nicht sein zu dürfen.
<<

19 Responses to “Franziska Drohsel tritt aus der RAF aus”

  1. Paule Says:

    “[…]zumal die Jungen offenbar nicht mehr willens und in der Lage sind, sich mit dem politischen Ansatz der früheren Terrorgruppe zu identifizieren.”

    Was will uns der Künstler damit sagen?

  2. ghost Says:

    Hm. Schwierig schwierig.
    Ich bin am Überlegen ob ichjetzt nen blogeintrag über die Aussageverweigerungsgeschichte schreibe.

    Übrigens: dein letzter Absatz impliziert, finde ich, daß das kursive redaktioneller Text der seite ist, aber statt dessen ist es offenbar ein Zitat von Radio Utopie.

    Nu so.

  3. julia seeliger Says:

    Jo, meinen Beitrag haben sie auch gelöscht. Kleine Zensur-Fans, diese Konservativen. Wie in der DDR, kann ich da nur sagen.

    Ich schreibe ihn hier deswegen nochmal hin. Ich schrieb bei “Stoppt Drohsel”

    Ihr habt sie ja nicht mehr alle.

  4. Marco Says:

    Aber Julia, das ist doch nun ne Beleidigung. Ich würde sie ja stehen lassen (aus verschiedenen Gründen), es ist aber vollkommen nachvollziehbar, wenn die Initiatoren der Aktion auf ihrer Internetseite diese Beleidigung löschen. Und mit Zensur hat das ja auch nichts zu tun. Diese Leute sind schließlich nicht der Staat oder haben eine durch das Gewaltmonopol des Staates protegierte Stellung. DDR-Vergleich also fehl am Platze.

  5. Don Pepone Says:

    Ich habe den Eindruck, dass hier die Gründe für die Kritik an Franziska Drohsels Verhalten, ohne detaillierte Berücksichtigung der Aussagen der einzelnen Statements, wild durcheinander geworfen werden.
    Man kann, wie gesagt, mit der Grundeinstellung zur SPDschen Umfallertradition leben und diesen Menschen in ihrer Inkonsequenz den Rücken stärken – muss man aber nicht!

  6. keta minelli Says:

    dieser marco hat sie doch nicht mehr alle.

  7. Markus Says:

    Höfliche Widerworte waren am Anfang noch zugelassen, wie hier z.B.:

    “Stefan Herre ist absolut untragbar” (9)

    “[…]Gruppen wie die Rote Hilfe tragen zum Schutz des grundgesetzlich verbrieften Rechts auf Versammlungs- und Demonstrationsfreiheit bei […]” (73)

    “Es gibt nichts demokratischeres als die Rechte eines Angeklagten vor Gericht zu verteidigen. Wer dagegen polemisiert ist kein Demokrat, sondern ein Anti-Demokrat. Ich finde es bedenklich, wie hier Antidemokratische Ressentiments ausgelebt werden.” (81)

    Später hat sich dann vielleicht die policy verschärft?

  8. Don Pepone Says:

    @Markus

    das hört sich so an, als wäre die Demokratie die einzige Wahrheit und jedes andere gesellschaftliche Gemeinschaftsprinzip nicht diskutabel. Ist das so?

  9. ghost Says:

    # Don Pepone Says:
    December 6th, 2007 at 1:10 am

    @Markus

    das hört sich so an, als wäre die Demokratie die einzige Wahrheit und jedes andere gesellschaftliche Gemeinschaftsprinzip nicht diskutabel. Ist das so?

    ****

    Das ist doch albern. Es geht hier doch um Kritik an dieser etwas dümmlichen Seite. Und diese Seite ist es, die Demokratie als zu verteidigendes GUt als Grundargument einführt: “Franziska Drohsel hat leider nichts gelernt. Sie verharmlost weiter linksextreme Gesinnungen. Solche Haltungen dürfen im demokratischen Spektrum keinen Platz haben!”
    Unabhängig von der Einstellung des Kommentierenden sollte es doch möglich sein, diesen Typen ihre (wiederum) antidemokratische Denke vorzuwerfen? Deine Rückfrage ist in diesem Zusammenhang eher, na, albern. Oder?

  10. Johnny Weltraum Says:

    Könnte es vielleicht sein, dass das eine Verschwörung des Kapitalismus ist, um den Sozialismus im Ansatz zu ersticken? 😉
    Jetzt mal im ernst, es ist auch an mir nicht vorbeigegangen, wie von Medienseiten auf die Drohsel abgefeuert wurde. Den Auftakt und gleichzeitigen Höhepunkt hatte dieses Spiel direkt nach Ihrer Wahl zur Juso-Chefin am Mittwoch, den 28. November 2007, um 23:30 Uhr bei der Sendung “Links-Rechts” durch Moderator Hajo Schumacher und insbesondere Moderator Hans-Hermann Tiedje, welcher der frisch Gewählten nicht einmal einen Halbsatz überlassen wollte. Gerade Tiedje war es dann auch, der auf die Frage nach einer Koalition mit der “Linken”, die er im übrigen konstant mit “Nachfolgepartei der SED” betitelte, immer neue Feuer entfachte und in einer sehr agitatorisch und für mich verbotenen Moderation, weil für eine solche ungeeignete Art und Weise (entlassen!!), Franziska Drohsel nicht einmal die Luft zum atmen ließ. Die Sendung “Links-Rechts” stellt für mich seit diesem Zeitpunkt einen Zenit der moderatorischen Selbstdarstellung dar, der niemals hätte erreicht werden dürfen.
    Wir wissen das ja alles schon, aber trotzdem hätte ich mir gewünscht, dass jemand Herrn Tiedje darauf aufmerksam gemacht hätte, dass gerade die “CDU” die meisten Wirtschaftsverbrecher, Ex-und Neonazis in Ihren Reihen trägt und immer wieder neu rehabiltiert (auch wenn dem Moderator das natürlich geläufig sein dürfte), um ihn dann auf Parallelen der dritten Reichs -und der derzeitigen Euthanasie im Gesundheitswesen aufmerksam zu machen! Aber hätte ihn das wirklich tangiert? Ich glaube seine Antwort wäre gewesen:
    “Sozialismus?-Faschismus? Da gibt’s doch keinen Unterschied!!” Es würde mich nicht wundern, wenn dieses Moderations-Monster selbst aus einem Nazi-Haushalt käme! Aber stattdessen sage ich euch zynisch: Bravo!
    Deutschstolze Vertreter der CDUschen Mitte à la Laurenz Meyer, Günther H.(itler?) Öttinger, Oswald Metzger und Roland Koch vereinigt euch weiter, denn ihr radikalisiert die Menschen dazu, populistische Maßnahmen zu ergreifen, indem ihr Personen des öffentlichen Lebens wie Drohsel in die Enge treibt und liefert immer mehr Gründe für einen neuen militanten Widerstand! Die Furcht einiger Vertreter des Großkapitals scheint jedenfalls groß zu sein. Vor allem besteht offensichtlich eine Angst davor, dass die gespaltete “SPD” sich mit der “Linken” zu einer Koalition gegen den Club Deutscher (Groß-)Unternehmer zur Wahl stellt. Da ist es, bei allem Hass, den ich für die “RAF” übrig habe, um so schändlicher, dass sich die neue Juso-Chefin auf Druck von Rechtsaußen von ihren Sympathien für die “Rote Hilfe e.V.” entfernt. In einer Verantwortungsposition, wie sie sie innehält, gilt es, auch den schlimmsten Drohungen zu widerstehen und sich auf den Schutz, den Personen des öffentlichen Lebens genießen, zu verlassen, auch wenn ich von der deutschen Öffentlichkeit nahezu nichts halte.

    Übrigens! Den einzigen Satz, den Franziska Drohsel bei diesem “Interview” aussprechen durfte könnt ihrhier hören.

  11. Don Pepone Says:

    @ghost
    Dann frage ich mich allerdinge warum mein Blog im Zusammenhang mit einem derartigen Schwachsinn wie ‘stoppt Drohsel gebracht wird?????? Habe ich mich so unklar ausgdrückt oder wird hier wirklich alles durcheinandergeworfen? Eine Richjtigstellung wäre dann doch wohl angebracht, oder bin ich hier der einzig doofe?

  12. classless Says:

    Ich glaube, bei “Stoppt Drohsel” ist durch den Namen der Seite alles klar, von daher war dieses Posting nicht als Kritik zu verstehen, sondern – weil das in diesem Fall viel besser trifft – als kommentiertes Zitat.

    (Der letzte kursive Absatz stammt aus dem Gästebuch.)

    @Don Pepone
    Ich hab dich nicht mit irgendwas zusammengeworfen, du warst einfach Teil der “Aufregung”. Ist das für dich okay?

  13. ghost Says:

    aha
    das hab ich mir nicht durchgelesen, ich habe es nämlich hier gefubnden
    http://www.stoppt-drohsel.de/archives/8
    dass radio utopie das auch nochmal im gästebuch schrieb konnte ich ja nicht ahnen.

    =)

  14. saltzundessick Says:

    jusos sind auch nur scheiss karrieristen. und in der ddr gabs kein internet.

  15. classless Says:

    You fuckin’ rule.

  16. scheckkartenpunk Says:

    hm, mein eintrag wurde auch gleich wieder gelöscht. dabei habe ich niemanden beleidigt. es ist schon lustig (in einem eher gruseligen sinne) zu sehen, wie diese ganzen “demokraten” aus der mitte sich selbst wiedersprechend absolut antidemokratisch handeln und kommunizieren.

  17. ml Says:

    saltzundessick:
    letzteres stimmt nicht so ganz. Es gab sehr wohl die Möglichkeit für “Internet” in der DDR, diese wurde nur nicht genutzt. Das Kabel endete wohl in Göttingen und wurde nicht aufgenommen. Die TLD wäre .dd gewesen. Was ja auch nett wäre 🙂

  18. Don Pepone Says:

    Ich denke, da gibt es einen grossen Unterschied zwischen den einzelnen Positionen, die hier in keiner Weise beachtet oder heraus gearbeitet wurden.

    Einerseits gibt es eine Gruppe von Menschen, die Frau Drohsel durch ihr Engagement bei der Roten Hilfe in die Ecke von Terroristen und Antidemokraten zwingen wollen. Das verurteile ich ebenso wie sie!!!

    Andererseits gibt es aber auch Menschen, die Frau Drohsel für ihr Engagement bei der RH dankbar waren und die sie eben wegen dieses Engagements besonders schätzten. Diese Menschen wären auch bereit gewesen, für Frau Drohsel einzustehen, um ihr bei der politischen Auseinandersetzung, ob dieses Engagements den Rücken zu stärken.
    Frau Drohsel hat allerdings von ihrem Recht Gebrauch gemacht, den Weg des geringsten Widerstandes zu gehen. Das ist ihr gutes Recht. Allerdings ist es auch das gute Recht ihrer Wähler, von dieser Entscheidung enttäuscht zu sein und dieser Enttäuschung entsprechend Ausdruck zu verleihen.

  19. godforgivesbigots Says:

    Die Rote Hilfe redet von “Freiheit für alle politischen terroristischen Gefangenen”, der Bundesnachrichtendienst organisiert den Gefangenenaustausch zum Kuhandeltarif.

    Ich würde mal sagen die “Junge Feigheit” hat sich auf die falsche Gegnerin eingeschossen. Wenn es nur tatsächlich um Terrorismus ginge. Dieses Blatt war ja schon immer unsäglich etatistisch. Vermutlich rührt seine Reaktion eher daher daß die Basisgruppen eine effektivere Antifa-Arbeit leisten als die Geheimdienste.

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