Elsässers Volksquerfront

January 16th, 2009

Die Zeitung “Neues Deutschland” will Elsässer nicht mehr für sich schreiben lassen und kommentiert die Entscheidung (Holger Apfel: “Letzte linksnationale Stimme zum Verstummen gebracht”) vorsichtig so:

>>Wir unterstellen Elsässer nicht, ins rechte Lager übergewechselt zu sein, möchten aber nicht als Plattform für sein Vorhaben herhalten; auch nicht insofern, dass der Initiator eine ständige ND-Autorenschaft als Werbung für sein privates politisches Projekt einsetzt. Das ist geschehen.<< Es geht um die von Elsässer mitgegründete "Volksinitiative gegen Finanzkapital", für die er einige programmatische Punkte formuliert hat:

>>In allen Staaten, auch in Deutschland, entwickelt sich ein zunehmender Widerspruch zwischen dem Industrie- und dem Bankkapital. Letzteres, eng mit den angloamerikanischen Angreifern verbunden, erdrosselt ersteres in einer Kreditklemme.<< Und so sehen die Mitgründer der "Volksinitiative": sich selbst:

>>Wir sind zum Teil ehemalige WASGler, Menschen, die, man erinnere sich, eher nicht den Anschluss an die im Bundestag vertretene Partei Die Linke wollten, aber auch viele andere, die erkannt haben, dass man in Zeiten wie diesen doch etwas tun sollte, um sie, die Zeiten, nachhaltig, insbesondere für die Schwächeren, zu verbessern.<< Helmut Höge war beim Treffen dieser "Volksinitiative" im Max & Moritz und schreibt darüber:

>>Für mich klangen die Reden im “Max & Moritz” (halbwegs kluge ökonomische Analysen verbunden mit an Antisemitismus grenzende Verschwörungstheorien), die in eine kurze, aber heftige Saalschlacht gipfelten (meiner ersten im neuen Jahr), wie reiner “Nationalbolschewismus” – die russische Natbol-Partei von Eduard Limonow wurde im Übrigen kürzlich verboten. Einer der hiesigen Initiatoren, der Exbundeswehroffizier Jochen Schulz, sagte, er sei Mitglied der Linkspartei. Und sein Kollege, der Ex-NVA-Offizier Peter Feist, verwendete gern Formeln der LaRouche-Sekte. Dann saßen noch der Naziaktivist Sascha Kari mit Bodyguard und der Nationalanarchist Peter Töpfer im Publikum sowie der Geschäftsführer des ehemaligen DKP-Verlags Pahl-Rugenstein, der sich konstruktiv zu Wort meldete.<< Auch sowas war von einem der Redner zu hören: >>“Was die Israelis da jetzt machen, ist ein Völkermord”. Das klingt nicht nur für Antideutsche antisemitisch.<< Elsässer ist also weiter vorangeschritten in seinem Bemühen, die “Machtfrage” zu stellen und dazu jede zeitgemäße analytische Verkürzung aufzugreifen. Im Kern hat sich bei ihm jetzt aber schon seit einer Weile nichts mehr verändert. Vor knapp zwei Jahren schrieb ich:

>>Die vom Bedeutungsverlust bedrohte beziehungsweise schon längst betroffene gesellschaftliche Gruppe, deren Anliegen Elsässer zu dem der gesamten Gesellschaft machen will, ist der große Teil der organisierten Linken, der beim Marsch durch die Institutionen zu kurz gekommen ist oder schon wieder aus den Institutionen verdrängt wurde. Wie in den meisten konspirationistischen Entwürfen reduziert sich Politik auf einen einzelnen Hoffnungsträger, in Elsässers Fall ist das erklärtermaßen Oskar Lafontaine. Geschichte wiederum gerinnt zu einem üblen, gegen die “eigenen Leute” wirkenden Plot. Den politischen Gegner verortet Elsässer in den Erfüllungsgehilfen der „Heuschrecken“, welche global gesehen die von ihm als homogene Gruppe beschriebenen Neokonservativen sein sollen. In Deutschland gelten Elsässer vor allem seine früheren Genossen, die Antideutschen, als Wegbereiter der Verschwörung.<< Nun hat er ja neue Genossen gefunden.

11 Responses to “Elsässers Volksquerfront”

  1. Anton Says:

    “Und sein Kollege, der Ex-NVA-Offizier Peter Feist, verwendete gern Formeln der LaRouche-Sekte. Dann saßen noch der Naziaktivist Sascha Kari mit Bodyguard und der Nationalanarchist Peter Töpfer im Publikum sowie der Geschäftsführer des ehemaligen DKP-Verlags Pahl-Rugenstein, der sich konstruktiv zu Wort meldete.”

    Sorry, aber Peter Feist einfach so in einer Reihe mit Nazis zu nennen find ich ziemlich widerlich. Feists Eltern wurden von den Nazis ins KZ gesteckt, weil sie Kommunisten waren. Feist ist selbst auch Kommunist. Daß er sich die Begriffe wie Volk von den Nazis “nicht wegnehmen lassen” will (wie er es auf der Veranstaltung sagte), kann man als falsch kritisieren. Aber das macht ihn nicht zu einem Nazi (was einer Verharmlosung letzterer gleich kommt), und ihn, der selbst -zumindest indirekt- Opfer der Nazis ist, in die selbe Schublade zu stecken ist keine diskutierbare Kritik sondern Denunziation von Linken, deren Ansätze man falsch findet.
    Man sollte es doch nicht nötig haben, sich auf ein solches Niveau zu begeben, um die Thesen der Volksinitiative zu kritisieren.

  2. posiputt Says:

    gruselig, zumal ich mich nicht entscheiden kann, ob er sich einfach nur laecherlich macht oder moeglicherweise massenhaften zuspruch erwarten kann. nicht zwangslaeufig aus der linken (oder “der linken”), sondern eher aus der halbschlau-wannabe-kritischen “mitte”.

  3. » elsässers volksfront | kotzboy.com Says:

    […] aktuelle zusammenfassung über jürgen elsässers volksfrontstrategie hat der klassenlose kulla. […]

  4. rumwunder Says:

    @ Anton

    Als Nazi bezeichnet wurde Feist nicht. Es wurde aufgezählt, wer auf der Veranstaltung war.

    Hat sich Feist denn gegen diese Gesellschaft, in der er sich da befand, zu Wort gemeldet? Ich meine, Töpfer wird er doch wohl kennen…

  5. streifensstyle Says:

    In der aktuellen Jungen Freiheit werden Elsaessers Thesen umfassend dargestellt und mit Wohlwollen kommentiert.

  6. Anton Says:

    Wer ist Töpfer?

    Feist wurde nicht direkt als Nazi bezeichnet, es wurde aber nahegelegt, indem behauptet wurde, er würde inhaltlich der Büso nahe stehen und dann in dieser Reihe als nächstes ein Nazi aufgelistet wurde.
    Das ist natürlich ein journalistisches Mittel, mit dem gesagt werden soll, dass Feist ein Nazi ist, ohne das direkt auszusprechen (was evtl. rechtliche Konsequenzen haben könnte). Wer’s liest, weiß was gemeint ist.
    Und da sollte sich auch hier niemand dümmer stellen, als er ist. Ich war auf der Veranstaltung, ich hab keinen Nazi erkannt, bin aber auch nicht so der Antifa-Checker. Ich kann dir versichern, dass die Anwesenden auf dem Podium, also auch Feist, erst hinterher mitbekommen haben, dass Nazis dort waren.
    Denn ich stand dabei (weil ich noch eine Kritik anbringen wollte) , als sie diese Info bekommen haben.
    Was mich arg wundert: wenn “Antifa-Checker” vor Ort waren, wenn Leute wie Höge die Anwesenheit von Nazis mitnekommen haben, warum haben sie nicht ihr Maul aufgemacht und das gesagt? Sie scheinen ja selbst doch nicht so ein Riesen-Problem damit zu haben. Gemeinerweise unterstelle ich einigen sogar, daß es ihnen ganz Recht war, daß die Nazis bis zum Schluß drin sitzen konnten (weil es niemand thematisiert hat), weil dann kann man das ja als Argument gegen Elsässer und Co verwenden. Sorry, das ist ganz armselig und in meinen Augen haben sich Höge u.a. mit ihrer Schreibe hart blamiert.

    Übrigens noch mal zu Feist und Büso. Feist ist seit ich weiß nicht wie vielen Jahren/Jahrzehnten Marxist. In der Büso-Zeitung kann man aber regelmäßig nachlesen, dass Marx ein Agent der britischen Bourgeoisie war. Du siehst, da besteht ein fundamentaler Widerspruch. Und wenn Feist Begriffe benutzt, die auch von Büso benutzt werden, macht ihn das nicht zu einem Büso-Anhänger.
    Denn dann müßte die Frage gestellt werden: wo hört das denn auf? Finanzkapital darf man nicht sagen, weil es von den Rechten benutzt wird. Darf jetzt auch Bourgeoisie nicht mehr gesagt werden, weil es von der Büso verwendet wird?

    Wie gesagt, ich finde die ganze Rangehensweise blödsinnig. Die Thesen der Volksinitiative lassen sich kritisieren, ohne daß man sie gleich in die Nazi-Schublade stecken muss oder ohne daß man den Umweg über rechts gehen muss. Abgesehen von der Verharmlosung der Nazis, find ich es einfach lächerlich, wie es in großen Teilen der Linken Standard geworden ist, anderen Linken das Emblem Nazi oder Faschist anzuheften, wie es fleißig von fast allen Seiten getan wird.

  7. Fliewatüüt und Antikapitalismus « Raumzeit Says:

    […] Classless Kulla: Elsässers Volksquerfront Jürgen Elsaesser schmiedet die Volksfront Querfront von Rechts nach Links Possibly related posts: […]

  8. Cannabis Kommando Says:

    Bei Roland Koch ist “In Zeiten wie diesen” eine Chiffre für “Untergang des Abendlandes” – bei Jürgen Elsässer steht es für “Untergang des Ostbeamtentums.”

  9. Tapete Says:

    Peter Töpfer:
    http://freeweb.dnet.it/antifhain/fenster_toepfer.htm

    Sascha Kari:
    http://freeweb.dnet.it/antifhain/fenster_kari.htm

    Gerhard Walter war laut TAZ auch da:
    http://de.indymedia.org/2005/08/126488.shtml
    http://www.hagalil.com/archiv/2006/07/017.jpg

    Jetzt soll nochmal einer sagen, er hätte nix gewusst 😉

  10. Larry Says:

    Hmm komisch, hier wird sich echauffiert, dass irgendwelche ominösen “Checker” nicht eingegriffen haben, wenn sie “Nazis” erkannt haben. Geht ziemlich am Problem vorbei oder? Die Kernfrage lautet doch vielmehr, warum waren die überhaupt da? DOch nur deswegen, weil eben die Schnittmenge zwischen Elsässer und den Rechtsradikalen so groß ist. Ich vermute, dass das Interesse der Nazis bei einer Veranstaltung von Stefan Frank (nur als Beispiel) deutlich geringer wäre. Alles eine Frage der “Analyse” (wobei man bei Elsässer ja schon das in Frage stellen kann, ob er überhaupt “analysiert” und nicht einfach nur Ressentiments gegen Amerika bedient).
    Aber dieselbe Argumentation wie schon bei den ANs, da wird sich aufgeregt und echauffiert, wie können die bösen Nazis nur schwarze Windbreaker und Basecaps auf ihren Demos tragen…das warum wird nicht hinterfragt, wäre ja auch zu unbequem und unangenehm, die eigene Praxis zu durchleuchten.

  11. deine mudda Says:

    Jetzt schon der Witz des Jahres: Volksfront-Hippie Kulla empört sich über Elsässers Volksfront.

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