6. und 7. Tag des Schreibmonats

June 18th, 2003

Wenn ich nach diesem Monat weiterhin ein solches Mitteilungsbedürfnis haben sollte, werde ich auf jetzt auch mehrfach geäußerten Wunsch hin das Ganze in Form eines Weblogs basteln, ob_Ostblog_ noch frei ist? (ach, gibt’s schon…)

Das Interview mit Benny ist soweit abgetippt, aber ich stell das alles erst online, wenn’s etwas gestrafft ist. Es wirkt noch sehr naturalistisch.

Gestern gab es keine Mail weil mein Papa Geburtstag hatte. Ich hab gekocht, Oma, Opa und Glöckners waren hier und wir tranken. Meinem Opa wurde seine Geschichte vorgelesen und er hatte nur eine kleine Beanstandung. (Die korrigierte Version lade ich gleich hoch…) Dann ließ er sich über die 17. Juni aus, dessen Darstellung in den Volksempfängern auch mir ziemlich den Hut hochgehen ließ.

Mir fiel auf, daß folgende Eindrücke erweckt wurden:

– die Rote Armee war rein zufällig in Deutschland
– der Wohlstand des Westens war vom Himmel gefallen (kein Marshallplan mit Schuldenerlaß, keine Rede vom zusammengeraubten Bankkapital aus dem Krieg, die reichere und unbeschadetere Besatzungsmacht spielt auch keine Rolle – es ist ja ein Wunder…)
– dem Osten geht es nur wegen der Kommunisten schlecht
– die Russen als Siegermacht plündern grundlos
– die Aufständischen wollen das Deutschland, das wir heute haben
– der 17. Juni ist eine Vorwegnahme des Novembers 89, nicht ein verzweifelter Nachhall des Novembers 1918, mit dem er viel mehr Ähnlichkeit hatte

Weitere Olsenbanderecherche (“2 Minuten und 43 Sekunden reichen aus, um die dicksten Kapitalisten Dänemarks aufs Kreuz zu legen.”)

Ich drehte die große Runde zur Teufelsmauer, dort barfuß und nackig, mußte aber feststellen, daß einer der prächtigsten Felsen offenbar eingestürzt ist.

___bonusaufschnitt______________________________________

CutUp-tions-Angst

Im Zweifel für den angeklagten Naziverbrecher.
Wir brauchen eine Angelrute, ein Telefonzelt, ein Klaftermaß, einen halben Meter Plastikschlauch, ein Meßglas, einen Trichter, eine zehn Meter lange Schnur und einen Knallfrosch.
Im Zweifel für den angeklagten Wirtschaftskriminellen.
Wir brauchen zwei Zehn-Kronen-Scheine, fünf alte Zeitungen und einen Schraubenschlüssel.
Im Zweifel für den korrupten Politiker.
Wir brauchen eine Leiter, einen Handwagen, zwei Meter Hanfschnur, einen Gabelstapler und einen Kasten Bier.
Im Zweifel für den langhaarigen, bärtigen Demonstranten?
Wir brauchen einen guten Franzosen, ein Pornoheft und einen Seemannsballon.
Im Zweifel für den Kommunisten?
Ich habe ein erotisches Verhältnis zur Wahrheit.
So ein Glück, an die erste postmoderne Nutte in Moskau zu geraten.
Immer noch schlimmer als der schlimmste Kommunist ist die Kommunistin.
Wir fürchten uns vor den Folgen des Passivrauchens, während unsere Großeltern sich davor fürchteten, von einer Kugel oder einer Bombe zerfetzt zu werden.
Die Sexualität der proletarischen Frau, der Kommunistin ist darauf aus, den Mann zu kastrieren und zu zerfetzen.
Das ist nämlich der große Mythos unserer Zeit: daß ein Ort, nur weil es dort einen McDonald’s gibt und MTV und man mit American Express bezahlen kann, genauso ist wie alle anderen Orte auf der Welt – er hat keine Vergangenheit mehr, es ist das Jahr Null. Aber das stimmt nicht.
Unsere Geschichte ist gestohlen worden – verstümmelt und angeschwärzt durch die Verleumdungen unserer Feinde, bis die Menschen die Orientierung verloren haben.
Die Nacht wird uns führen als Versteck unserer Schatten.
Sie werden uns nicht kriegen.

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