Verlegen verlegen

February 21st, 2007

Ist es nicht wundervoll, sowas vom Verleger geschickt zu bekommen?

Ernst Rowohlt

FINGERZEIGE ÜBER DEN UMGANG MIT AUTOREN

Setz deinen Autor in einen bequemen Sessel, der niedriger ist als dein Stuhl, dann wirst du am besten mit ihm verhandeln können. Reiche ihm etwas zu rauchen hinunter. Setz eine leichtgefärbte Brille auf, damit er das Spiel deiner Augen nicht beobachten kann. Setz dich selbst möglichst in den Schatten und ihn in möglichst helles Licht. Selbstverständlich ist es, daß dich dein Schreibtisch wie in Festungswall umgibt.

Überlaß den Autor ungehemmt seinem Redefluß, wenn er dir von seinem Manuskript oder von seinem geplanten Buch erzählt. Geht ihm der Atem aus, so fange schüchtern an zu sprechen. Frage ihn nicht nach Einzelheiten seines Manuskriptes oder Plans. Sei von vornherein ebenso wie er selbst überzeugt von der Möglichkeit eines Erfolges seines Buches, denn du mußt dir sagen, daß du ihn von dem Mißerfolg, bevor er da ist, nicht überzeugen kannst.

Selbst die längste Besprechung darf nicht länger als eine halbe Stunde dauern. Davon hast du nur fünf Minuten Redezeit, in der dreimal das Wort Wirtschaftskrise vorkommen darf.

(…)

Laß durchblicken, daß du im Grunde ein Idealist bist, aber laß ihn nicht den Eindruck haben, daß du vom Kaufmännischen nichts verstehst. Kein Autor wird dich selbst im Wesen richtig erkennen. Entweder bist du für ihn ein pfiffiger Kaufmann oder ein freundlicher Mäzen – du bist aber keins von beiden. Du hast den blödesten Beruf der Welt ergriffen. Der Handel mit Häuten und Fellen ist eine klare Sache, der Handel mit Geistesprodukten wird immer ein Mittelding zwischen deinem persönlichen Geschmack und deiner Leidenschaft einerseits und deinem Gefühl für eine gute Konjunktur andererseits sein. Wenn du zwanzig Jahre dies Geschäft, das kein Geschäft ist, betrieben hast, kannst du selbst nicht mehr unterscheiden, welcher Instinkt dich leitet, der künstlerische oder der geschäftliche; du bist ein Zwitter geworden.

Bemühe dich trotzdem, den Autor von deiner Seriosität zu überzeugen, obgleich du selbst fühlst, daß du eigentlich ein wilder Spekulant bist.
Bedenke stets, ohne es zuzugeben, daß du mindestens so närrisch bist wie der Autor. Denn Bücher verlegen ist eine fast noch närrischere Betätigung als Bücher schreiben.

(…)

Oberster Leitsatz:
Laß dem Autor die Überzeugung, daß ihr beide Kulturfaktoren seid, aber sei dir selber darüber klar, daß auch der Lumpenhändler, den du ja in Form von Makulatur reich belieferst, die gleiche Daseinsberechtigung hat wie du und dein Autor.

(aus Paul Mayer: Ernst Rowohlt)

Schön, wieder bei Werner rauszukommen, er ist wirklich mehr Dealer als Verleger. Wenn jetzt alles zusammenpaßt, erscheint die “Entschwörungstheorie” Anfang April als Grüner Zweig 254.

6 Responses to “Verlegen verlegen”

  1. Manne Says:

    grüner zweig? echt? cool!

    gute sache, geht ab alter.

  2. Hagbard Jesus Celine Says:

    Das schreit nach Release Party!

  3. Sabotage Says:

    Und ich dachte zunächst es geht um diesen Werner: http://werner.blogsport.de/

  4. classless Says:

    Der scheint ohnehin ganz gut ausgelastet zu sein…

  5. dirtyg Says:

    dachtest du nicht, es sei vielleicht bei einem anderen verlag besser aufgehoben? einem der weniger mit drogen zu tun hat?

  6. classless Says:

    Das ist schon weiterhin ein Punkt – aber in jeder anderen Beziehung bin ich lieber bei einem Dealer.

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