Eine Artemis-Maria?

August 26th, 2008

Neben Faschistischem gibt es in Homberg aber auch Kurioses. In der Kirche, in der Hessen einst – wie der Herre so’s Gescherre – für protestantisch erklärt wurde, findet sich neben dem Altar eine “Blütenmadonna”.

Blüten-Madonna

Im Erklärtext findet sich die Motivzeile übersetzt: “Ich bin die Blüte, aus der die Bienen die Süßigkeit saugen.” Abgesehen von der allgemeinen Merkwürdigkeit dieses Spruches frage ich mich, inwiefern sich hier ein ferner Nachklang von der Propaganda findet, mit der Maria einst in Ephesos gegen die fast immer im Ensemble mit Bienen dargestellten Artemis und ihren Kult aufgebaut wurde: als die folgsame und reine Gottesmutter, die nicht mehr jagt, herrscht und aufdringliche Kerle zur Säule erstarren läßt, sondern die sich demütig mit ihrer Mutterrolle begnügt.

Ich bin die Blüte

3 Responses to “Eine Artemis-Maria?”

  1. Florian Says:

    Die Tafel ist da etwas widersprüchlich: Im 11.-12. Jh. gabs ja schon längst keine Karolinger mehr, in Dynastien wäre das die Salierzeit. Falls die Madonna, wie behauptet noch aus der Karolingerzeit stammt (also 9.-10. Jh.), dann könnte es auch eine Anspielung auf das Königtum sein: unter den Merowingern waren Bienen das Symbol des Königtums, wie man an den Grabbeigaben vom Chlodwig-Grab sehen kann. Ich würde einfach mal behaupten, dass der Artemiskult in der Zeit keine so grosse Rolle mehr gespielt hat. Auf der anderen Seite ist das Motiv vielleicht auch in der karol. Renaissance wiederbelebt worde.

  2. classless Says:

    Der Artemiskult war – nach konventioneller Chronologie – natürlich schon eine Weile durch und wurde insgesamt in der fraglichen Region wohl kaum je getrieben. Die kirchliche Figur der Maria ist jedoch mit großer Wahrscheinlichkeit in vielen Elementen als Gegenbild zu Artemis und gleichzeitig als ein integrierender Ersatz entworfen worden, so daß entsprechende Attribute auch noch von späteren Verehrern fortgeschrieben worden sein dürften.

  3. godforgivesbigots Says:

    Was eine Imkermetapher nicht alles an Assoziationen auslösen kann. Ich denke dabei eher daran dass bereits eine einzige genmanipulierte Pflanze innerhalb der Reichweite eines Bienenvolks ausreicht um dessen gesamten Honig ungenießbar zu machen.

    Hier Trümmer des antiken Staatskults zu identifizieren scheint mir arg weit hergeholt. Da müßte man schon die entscheidenden Jahrhunderte der islamischen Expansion vor den Kreuzzügen praktisch komplett aus den Geschichtsbüchern streichen um eine solche Kontinuität zu konstruieren. Aber der Büchermarkt ist ja heutzutage voll von Autoren die alles mögliche in Kirchen hineingeheimnissen. Hierbei geht es jedoch nur äußerst oberflächlich um die christlichen Glaubensinhalte, sondern meist unbewußt um den Geburtsfehler Europas, die Vermittlung der Christianisierung durch die Obrigkeit.

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