Wurzeln des Nationalsozialismus: 100 Jahre “Bamberger Verfassung”

August 14th, 2019

Am 14. August 1919 wurde die “Bamberger Verfassung” für den Freistaat Bayern verkündet, die gleichzeitig bürgerlich-demokratische Errungenschaften festschrieb wie auch die konstitutionelle Grundlage für die “Ordnungszelle Bayern”, den Inkubationsraum des Nationalsozialismus, bildete.

Sie war zwei Tage zuvor beschlossen worden, einen Tag nach Eberts Unterzeichnung der deutschen Reichsverfassung und folgte dieser in der Bestimmung von Grundrechten und dem Schutz des Eigentums, hob den Adelsstand auf und begrenzte die Macht der Kirche vor allem in den Schulen.

Artikel 64 erlaubte allerdings, “bei drohender Gefahr … die verfassungsmäßigen Grundrechte ganz oder teilweise außer Kraft” zu setzen. Da sowohl die Regierung als auch die Organe der Staatsgewalt die “Sicherheit des Staates” ständig und umfassend durch die Revolution bedroht sahen, hieß das praktisch, dass fast durchgängig bis Dezember 1925 in Bayern der Ausnahmezustand herrschte: Schutzhaft und Ausweisung für politische Gegner, Pressezensur, keine Versammlungsfreiheit, kein Postgeheimnis, phasenweise Streikverbot mit Androhung von Todesstrafe. Politische Sondergerichte (“Volksgerichte”) verurteilten 31000 Menschen, was sich wie die Ergänzung von Militär und Polizei durch “Einwohnerwehren” und deren Nachfolgeorganisationen als Notpolizei gegen die Revolution und die Arbeiterbewegung richtete.

Die Konterrevolution war nun kodifiziert, das legalisierte Zusammenspiel aus permanentem Ausnahmezustand, staatlicher und nichtstaatlicher Repression und Gewalt begründete die sogenannte “Ordnungszelle Bayern”, die als “politisches System der institutionalisierten Gegenrevolution” (Sebastian Zehetmair) den Rahmen für den Aufstieg der NSDAP bildete.

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