Ephraim Kishon über Autostop

September 26th, 2007

>>Der älteste aller menschlichen Kriegszustände ist der Klassenkampf. Sklaven wollen sich von ihren Herren befreien und die Herren sich von ihren Frauen. Monarchen bekämpfen die Kirche, Mieter die Unter­mieter, das Naphtalin die Motten. Aber keiner dieser Lebenskämpfe wurde mit so viel Vehemenz ausge­fochten wie der zwischen dem Autostopper und sei­nem Erzfeind hinter dem Lenkrad.

Früher einmal gehörte ich selbst zur ersten Gruppe, und ich entsinne mich noch der vielen leeren Kon­servenbüchsen und Steine, die ich den Autofahrern nachwarf, die mich nicht mitnehmen wollten. Angeblich aus Angst, ich würde die Polstersitze ver­drecken, ihre Aufmerksamkeit vom Steuer ablenken oder aus ähnlichen, stichhaltigen Gründen, die nichts anderes sind als lächerliche Ausreden.

Inzwischen sind etliche Jahre vergangen. Ich habe mich ins Feindeslager geschlagen und werde seither von fürchterlichen Gewissensbissen geplagt. Wann immer ich eine dieser trostlosen Figuren am Straßenrand sehe, die verzweifelt mit dem Daumen winken, erinnere ich mich meiner eigenen Jugend, und mein Herz fließt vor brüderlichem Mitgefühl über.

Manchmal weine ich sogar.

Dies allerdings ändert nichts an der Tatsache, daß mir Autostopper gegen den Strich gehen, weil sie a) die Polstersitze verdrecken, b) meine Aufmerksamkeit vom Steuer ablenken und c) aus ähnlichen, stichhaltigen Gründen.

Das löst natürlich einen tiefen Zwiespalt in meinem Inneren aus. Es kostet mich wirklich enorme Über­windung, an den armen Daumendrehern vorbeizuflitzen. Deshalb habe ich mich mit der Zeit zu einer höchst humanen Lösung durchgerungen: Ich halte an, öffne das Fenster und lasse den Autostopper in knappen, aber freundlichen Worten wissen, daß ich leider nur bis zur nächsten Ecke fahre. Ich wünsche ihm alles denkbare Glück für seine Reise, ich verab­schiede mich aufs herzlichste – und erst dann bringe ich es über mich, guten Mutes nach Jerusalem zu fahren.<< (aus: "Abraham kann nichts dafür“)

5 Responses to “Ephraim Kishon über Autostop”

  1. godforgivesbigots Says:

    F: Hallo, fahren Sie in Richtung Sowieso und haben noch einen Platz frei?

    A: Ja, äh, nein, wir nehmen niemanden mit.

    F: Was spricht denn dagegen?

    A: Ja ähm, Entschuldigung aber wir nehmen niemanden mit.

    F: Trotzdem gute Fahrt noch!

    Oder auch:

    F: Hallo, fahren Sie in Richtung Sowieso und haben noch einen Platz frei?

    A: Das ist ein Firmenwagen/Reisebus, ich darf niemanden mitnehmen.

    F: Die Rechtslage ist eindeutig bei Trampern haftet immer der Unfallschuldige.

    A: Und wenn ich das bin?

    F: Dann steig ich besser erst gar nicht ein! Trotzdem gute Fahrt noch!

    Trostlos aussehen darf man natürlich nicht. Genau im Gegenteil. Nur wer tröstend aussieht kommt gut weg.

  2. classless Says:

    Der Eindruck der Trostlosigkeit hängt vermutlich weniger vom Aussehen als vom Mitleid ab, was wiederum in starker statistischer Abhängigkeit zum Wetter steht.

  3. godforgivesbigots Says:

    Ja israelisches Wetter hätte ich jetzt auch gerne!

  4. rz Says:

    ach ja… trampen…
    ich wollte schon lange mal eine auflistung der verhassten und trotzdem liebgewonnenen punkte machen, wo ich schon tage gestanden bin… so zb. eine gewisse kreuzung richtung karigasniemi an der finnisch/norwegischen grenze….

    kamm, deo und rasierer unterwegs empfehlend,

    rz

  5. godforgivesbigots Says:

    Handtuch! (Und evtl. wasserschutzgebiettaugliche Kernseife.)

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