Wem nützt welche Verschwörungstheorie?

March 10th, 2007

Einen Teil des wohl heftigsten Zusammenstoßes von regierungsoffiziellen Verschwörungstheorien in Europa hat in der Jungle World diese Woche Thorsten Mense beschrieben. Seit den Anschlägen in Madrid im März 2004 behaupten spanische Konservative, daß die ETA mindestens verstrickt war, während auf der spanischen Linken die Regierung Aznar und der CIA zu den Drahtziehern gezählt werden. Letztere Position ist ungleich populärer, was zu häufigen öffentlichen Auseinandersetzungen führt.

Beide Lager versuchten und versuchen, zur Rettung des jeweiligen Selbstbildes ihren Anteil an der Geschichte zu übertönen: die Konservativen ihr dilettantisches Manöver, die Wahl durch die Beschuldigung der ETA zu retten; die Sozialisten ihre umstrittene Politik gegenüber der ETA.

In der Öffentlichkeit gilt jedoch nur die konservative Verschwörungstheorie als eine solche, die linke ist beinahe Common Sense. Spanien ist seit der glorreichen Wahl kein Vasall Amerikas mehr und wichtiger Pfeiler (Kern-)Europas; der dieser Auffassung zufolge mehr oder weniger inszenierte Anschlag wird rückblickend als Drohkulisse wahrgenommen, die das “neue Spanien” von der sozialistischen Wahl abhalten sollte. In der Nachbereitung, etwa in der auf arte regelmäßig ausgestrahlten Sammlung von Kurzfilmen zu 3/11, erscheint Spanien in der erneuerten Tradition von 1936 als Volksfront gegen den US-Imperialismus. Neben Schröders Wiederwahl ist Zapateros Wahl der bedeutsamste Fall einer populären Politik durch Rückzug aus dem War On Terror, in ganz ähnlicher Weise dürfte sie ähnlich opportunistisch motiviert gewesen sein, wie Zapateros politische Biographie bezüglich Regionalismus und Umweltbewegungen auch nahelegt.

Der Erfolg der Anschläge aus Sicht der Urheber – Spanien zieht seine Truppen aus dem Irak ab – dürfte zu der Entscheidung beigetragen haben, Ähnliches zu wiederholen, wozu es mindestens in London im Sommer 2005 kam, mit dem gewichtigen Unterschied, daß die britische Regierung den Forderungen nicht nachgab. Auf solche Zusammenhänge hinzuweisen, galt vor den Londoner Anschlägen als alarmistisch, seither als Verschwörungstheorie.

One Response to “Wem nützt welche Verschwörungstheorie?”

  1. knecht Says:

    Was willst du eigentlich? Gut! Böse!
    Ein Pferd ist ein Pferd ist ein Pferd.

    Liebe ist das Gesetz, Liebe unter Willen!

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