Wie deutsche Linke auf Argentiniens Linke schauen

October 14th, 2014

In der aktuellen “Jungle World” erschien ein von mir übersetzter Text von Magui López zur Linken in Argentinien: “Jenseits der bekannten Linken” – nach mehreren Kürzungen und Änderungen fehlt allerdings die Kritik, die ihr besonders wichtig war, völlig. Ursprünglich begann der Text so:

«Kürzlich machte die Jungle World Argentinien zum Thema, die Linke sogar in einem Extraartikel. Es muss sehr seltsam sein, die wirtschaftliche, soziale und politische Realität Argentiniens von Europa aus zu analysieren, oder speziell von Deutschland aus. Jede Darstellung scheint durch das vermittelt, was Deutsche sehen können und wollen, und jede Beschreibung begrenzt durch das, was den schreibenden Deutschen vom jeweiligen Szenario ins Bild passt. So werden Widerstand und Militanz in den “villas” (Slumvierteln) so gut wie nie erwähnt, ebensowenig die Bewegungen der Indigenen oder der Landarbeiter in Ländern, in denen diese Gruppen starke und kämpferische Strukturen unterhalten.

Angesichts der Auswahl des Berichtenswerten wäre es sinnvoll gewesen zu definieren, was “links” überhaupt bedeuten soll. Gegenwärtig einen Artikel über “die Linke” in Argentinien zu schreiben und darin unter anderem die Frente de Izquierda y de los Trabajadores (FIT, Front der Linken und Arbeiter), die “fábricas recuperadas” (die instandbesetzten Betriebe), die organisierten Arbeiter in den “internen Kommissionen” der Betriebe, die “villeros”, die Bauern und die Indigenen zu vergessen, ergibt zusammen eine inakzeptable Auslassung. Diese Menschen kämpfen und bleiben dabei, auch wenn die Staatsgewalt in den Provinzen sie verfolgt und umbringt, wie die Staatsgewalt auch in den Großstädten Leute aus den “villas” oder auf Demos verfolgt und umbringt oder juristisch gegen Arbeiter vorgeht, die gegen die Stillegung ihrer Arbeitsplätze kämpfen.»

Und das war der Original-Schluß:

«Mit ihren Kämpfen für bessere Lebensbedingungen, für Arbeitsplätze, Wohnraum und Land, gegen die Willkür von Regierung und Polizei befinden sich all diese Gruppen, in Europa meist unbekannt, links vom politischen Mainstream Argentiniens. Auch wenn sie manche sich nicht als „linke“ Bewegungen verstehen und auch wenn sie von ihren inneren Widersprüchen gezeichnet sind, ringen sie doch alle mit den Bedingungen ihres Überlebens und mit den Auswirkungen des Gesellschaftssystems und zeigen uns, wie viel mehr wir wissen müssen, bevor wir uns ein Bild machen und urteilen können.»

Nun ja.

6 Responses to “Wie deutsche Linke auf Argentiniens Linke schauen”

  1. yin ohne gluck Says:

    wie doofig

    hat die jungle world dir eine begründung gegeben?

  2. wdvefb Says:

    Danke für diese Richtigstellung.

    Ich finde zudem erschreckend, wie von manchen deutschen anti(neo)liberalen Linken die national-kapitalistische genozidale Kirchner Regierung abgefeiert wird.

  3. Untotkuschelbar Says:

    Zwei oder drei Auslassungen hätt´ ich auch noch nachzutragen: Lockstoff * Richtstoff

    (Zugabe: israelsolidarisches Lied)

  4. Untotkuschelbar Says:

    Und: AB

    (Zugabe: feministisches Lied)

  5. Sissy Fuß Says:

    Wirklich schwach von der JW. Ich war damals als „politischer Tourist“ einen Monat in Argentinien und habe selbst als Durchreisender mit geringen Spanisch-Kenntnissen mitbekommen, dass da viel mehr läuft: Die Betriebsbesetzungen, die radikalen Selbstverwaltungsinitiativen in den Barrios, die Straßenblockaden durch nicht-peronistische Gewerkschaften und Unabhängige, die gegen die (hier nur selten zur Kenntnis genommenen) Übelstände unter dem „linken“ Kírchner-Regime protestierten … Und das war 2012, in verhältnismäßig „ruhigen Zeiten“! Selbst als Tourist bin ich jeden dritten Tag über die Sachen gestolpert, die Magui López hier schildert, und die JW stört sich daran?

  6. classless Says:

    Ich glaube, der wunde Punkt war die Kritik an der deutschen Linken incl. der Jungle – offenbar wollten sie sich das in ihrem eigenen Blatt nicht vorwerfen lassen.

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