Verschwörungstheorie aus Buchstaben

September 9th, 2006

Lesepröbchen aus dem 7. Kapitel: Zurück im Jahr 2001.

Die aus allen Rohren feuernden Konspirationisten in den USA trafen nach 9/11 auf eine Mischung aus Interesse an Nachforschungen und einer Indifferenz gegen noch weitere Verschwörungstheorien. Die großen Kampagnen, die sich für die Aufklärung der Ereignisse einsetzen, haben die Zweifel und Fragen gern aufgegriffen, sich jedoch längst deutlich von den Konspirationisten distanziert. Das Internet machte die Verschwörungstheorien sofort verfügbar, entmystifizierte sie damit jedoch nachhaltig.

Wurzeln schlugen die Internet-Kolportagen dort, wo der Umgang mit dem neuen Medium nicht selbstverständlich war und ist. Bröckers, Bülow und Wisnewski ergänzten ihre eigenen selektiven Recherchen um ebenso herausgegriffene Versatzstücke aus oft nicht nur dubiosen, sondern eindeutig rechtsextremen Internet-Quellen. Populär wurde keiner der drei übers Internet, sondern als Buchautor, Interviewpartner von Druckmedien oder übers Fernsehen. Sie bereiten ihren inkompetenten Umgang mit dem Netz für ein Publikum auf, das davon genauso wenig verstand wie sie (oder weniger) und wie leider auch die meisten der nun aufs Internet schimpfenden Kritiker.

Auch die unterstützend funktionierenden Beiträge Michael Moores und Noam Chomskys, die das Weltbild der guten Baby Boomer ins Verschwörungsdenken verlängerten, kamen in Deutschland über das klassische Medium Buch an ihr Zielpublikum. Das Verständnis vom gedruckten Wort erinnert dabei an die Buchstabentreue der Apokalyptiker: Die Position des am Worte klebenden, kaum alphabetisierten Bauern, die zahllose Verschwörungstheoretiker gegenüber der abstrakten Verwirrung von Moderne und Postmoderne einnehmen.

(mehr Entschwörungstheorie)

4 Responses to “Verschwörungstheorie aus Buchstaben”

  1. Mahner Says:

    Das Internet ist die Hure!

  2. godforgivesbigots Says:

    Und Troofer sind Zuhälter für Onlineanalphabeten.

  3. Das neuste Machwerk der Duisburger Neo Nazi Band “Die Bandbreite “ « Enslaved by Propaganda Says:

    […] Außerdem hat er seine gesammelten Quellen in seinem Blog ausgebreitet. Vielleicht sollte ich meine These, den größten Teil der Verbreitung konspirationistischer Inhalte würden nach wie vor Bücher und […]

  4. classless Kulla » Blog Archive » Zweimal Entschwörung und das Internet Says:

    […] zu werden? Wieso es gerade hier in borniertester ideologischer Form blüht, wo das Internet weit unter seinen Möglichkeiten genutzt wird? Für Böke alles keine Fragen; er sucht – kein Scherz – lieber nach den […]

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