Geschlechter- & Klassenkampf, Weltraum, Geschepper – Saving Facebook, Herbst-Edition

November 5th, 2017

Als ich zu historical reenactment der Revolutionsereignisse vor 100 Jahren aufrief, meinte ich eher sowas wie den Marsch der Frauen im Februar/März 1917 in Petrograd und die Märzkämpfe 1919 in Berlin (und anderswo) und weniger die sowjetische Folklore, so imposant sie sein mag und so sehr “Hamburger staunen: Revolutionäre ziehen auf russischem Panzer durch die Stadt” (Video) Eine Nummer kleiner, aber dafür vor allem in Gestalt von Raúl “Santa Marx” Espineda viel sympathischer, ist der Oktoberrevolution-Geburtstagsgruß der argentinischen Partido Obrero, der größten Partei in der Linksfront FIT. Unterdessen zeigt Historiker Josef Foschepoth, dass das KPD-Verbot im Jahr 1956 verfassungswidrig war. Die New York Times erinnert daran, “When New York City Was the Capital of American Communism”. Und Stephen Colbert erklärt Donald Trump Jr. mit Halloween-Süßigkeiten den Sozialismus.

Einige aktuelle interne Konfliktlinien: Maoismus vs. GSP, AD vs. AD & CW (Felix Riedel), AD-Feminismus vs. ideologiekritische Gruppen & Männlichkeit (Veronika Kracher) bzw. linksliberal-AD vs. AntiDEdudes (Maxine Bacanji) – mehreres davon und anderes wiederum in der Debatte um “Wie viel Islam kann der Feminismus?”.

Differenzen innerhalb der Feminismus- bzw. Sexismus-Diskussion: Paula Irmschler über die “vermeintlich unbetroffenen” “Andersfrauen”. Konservativ-feministische Kritik an TS-“sexual appropriation”. Und Mithu Sanyals Vorstöße (Tagesschau & taz), Sexismus als gesamtgesellschaftlichen Zusammenhang zu behandeln, dabei aber der derzeitigen Abwehrhaltung vieler Männer sehr weit – m.E. zu weit –
entgegenzukommen (und wie im restlichen Diskurs praktisch nicht über Klasse zu reden).


KLITCLIQUE – DER FEMINIST F€M1N1$T

Unterdessen legt ein Gerichtsurteil in Portugal nahe, daß “untreue Ehefrauen mit Tod bestraft” werden könnten. Zu den Auswirkungen der Geschlechterordnung: “Wenn Frauen unzufrieden mit ihrem Körper sind, hält sie das zurück”. Und Melissa Lozada-Oliva: “Like Totally Whatever”. Straßenumfrage: “We asked guys if they made girls cum the last time they had sex…” Und dieses schon etwas ältere Interview mit Helen Mirren darüber, wie sie ihrer Brüste wegen doch keine ernsthafte Schauspielerin sein könne.

Italien: “Am 27. Oktober 2017 fand in Italien ein Generalstreik statt, der von den italienischen Basisgewerkschaften organisiert wurde. In Rom haben die streikenden Arbeiter_innen den Tag an der Seite von Hausbesetzer_innen begangen und an der Seite von Migrant_innen, die ‘die Wüste und das Meer überquert haben’. Viele der Arbeiter_innen kommen aus anderen Ländern, viele, egal ob italienischstämmig oder nicht, sind vom Verlust ihrer Wohnung bedroht, weil die Löhne für die Mieten nicht mehr ausreichen. Dieses Video von dem Tag des Generalstreiks zeigt, wie die proletarischen Kämpfe zusammenfließen und wieviel soziale Dynamik in ihnen steckt.” Foodora: Der Arbeitskampf begann bei WhatsApp. Nordhausen, Ten Years After: Was bleibt vom Strike Bike?. Aus der trotzkistischen Welt: “Hier ist der Müllarbeiter, den 18,3 Prozent gewählt haben.”“Wie kann unser Streik erfolgreich sein? – Perspektiven zum Streik der studentischen Beschäftigten.”“Schwarz-Gelb-Grün: die neue Koalition des Grauens”.

Meanwhile, “People in rich countries are dying of loneliness”. Und hier schimpft eine: “Hey ihr verwöhnten Großstadtkinder, hört endlich auf, so zu tun, als ob ihr „arm und asozial“ wärt”. Das liest sich aber entweder, als würde sie selbst middle class sein und durch die Parteinahme als weiter unten durchgehen wollen, oder als hätte sie zumindest die Mittelklasse-Perspektive ordentlich verinnerlicht: “Habt ihr eine Ahnung wie es ist, euch für den Habitus eurer Eltern zu schämen, weil sie die gesellschaftlichen Konventionen der deutschen Mittelschicht nicht nur nicht kennen, sondern auch nicht an euch weitergeben konnten? … Wer denkt, er wäre asozial, wenn er Wodka trinkt – aber nur ab und zu natürlich und um damit zu kokettieren – verdeckt die wahren Probleme der sogenannten unteren Schichten. Die haben nämlich gar keine Zeit, Wodka zu saufen (was für ein Klischee), weil sie sich um ihre verdammten Lebensunterhaltungskosten sorgen müssen.”

Die Frage nach der Gewaltenteilung stellt sich noch mal ganz neu, wenn sich im Magdeburger Landtag der AfD-Bereitschaftspolizist, gleichzeitig Sprecher für Recht, Verfassung und Gleichstellung der AfD-Fraktion, über Polizei, über linke “Hetze” (d.h. „Sachsen-Anhalt rechtsaußen“ und „rechercheMD“) sowie über Oury Jalloh verbreitet: “Der einzige Vorwurf, den man der Landesregierung machen kann, ist daß sie schon damals bei der Abschiebung wegen Laschheit versagt hat. Wäre Oury Jalloh damals konsequent abgeschoben worden… hätte er auch nicht 2004 in einer deutschen Gewahrsamszelle umkommen müssen.” Rafael Behr, Professor für Polizeiwissenschaften, weiß, warum sich bei der Polizei niemand über Kollegen beschwert und warum die Linken immer der Feind sind. Und der Verfassungsschutz verbreitet Fake News von rechts.

Auch gegen all das: “Haltung zeigen wie Jesse Owens” – Kofi Shakurs Besprechung des erstaunlichen BSMG-Albums “Platz an der Sonne”. Siehe auch: Being Black in Berlin.

Außerdem: “I Bought a Russian Bot Army for Under $100.” “Should you put tape over your webcam?”. “Everyone loves spiders”. More Insect World. Actual Grammar Nazis. “Name-Place-Animal-Thing: Of Productivity and LSD”. Hagen Rether zur Abwechslung mal ganz gut mit seiner Hymne für Wutbürger. Und auch überraschend gut sind Tim Minchins 9 life lessons. Ostdeutschland war von Anfang an ein Fehler, sagt dieser Historiker: James Hawes (“The Shortest History of Germany”). “Huch, Ossis”, sagt Ossi Paula Irmschler. Zum völligen Verzweifeln schließlich: diese bento-Umfrage über die DDR.

Nachdem schon schöne Aussagen über unvermeidliche Zukunft gesammelt wurden, ist hier auch eine Liste von Weltuntergängen, die wie in den letzten Jahren überstanden haben und die wir noch vor uns haben.

Then again: “Universe shouldn’t exist, CERN physicists conclude”. Um ein altes Familienmotto aufzugreifen: Eigentlich hätte man ja schon den Urknall abblasen können, aber wo wir schon mal da sind… “We may have found 20 habitable worlds hiding in plain sight”.

Der Urophilie-Moment: “So plätscherte es fröhlich drauf los, Augen wurden geschlossen, das leise Gurgeln verlieh dem Park eine idyllische Stimmung und der Moment stand kurz vor dem Umkippen ins Romantische.”

Und abschließend, zu dieser Evolution of Dancing, noch ein wenig Geschepper – einmal Neues vom Lasterfahrer, einmal vom Lasterfahrer gerade wieder Ausgegrabenes.


Don of Dons “We Intelligent”

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