Kulla @ Sigint10: “Wo sind die Fnords?”

April 19th, 2010

Meine Einreichung zur Sigint 2010, die vom 22. bis 24. Mai in Köln stattfinden wird. Programm mit genauem Termin soll es am 1. Mai geben.

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Wo sind die Fnords?

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Sind sie da – sind sie weg

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Neben “Snafu” ist “Fnord” der Begriff aus der diskordischen Philosophie, der bis heute am häufigsten verwendet wird. Die Fnords sind die Operatoren der Manipulation, die verborgenen Schaltwörter der Kontrolle. Sie stecken als unterschwellige negative Verstärker in den Nachrichten, in der Zeitung, in den Schulbüchern. “Das Wesen der Kontrolle ist Angst”, heißt es in der “Illuminatus!”-Trilogie, und die Fnords stellen diese Angst her. Aber tun sie das wirklich? Und wo stecken sie denn genau? Und geht die Angst wirklich weg, wenn man sie sieht?

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“Niemand muß dich extra zwingen, wenn du selber mitmachst, niemand muß dich gleichschalten, wenn du dich selber gleichsetzt” (Egotronic feat. Kulla: Der Tausch)

Ich will der Frage nachgehen, warum die Fnords gar nicht unbedingt in Nachrichten eingebaut werden müssen, warum sie schon fast überall eingebaut sind und wie jeder sie selbst beständig einbaut. Warum jemand, der eine Veranstaltung macht, in der er dir die größten Fnords des Jahres zeigen will, dir vermutlich gar nichts zeigen wird, was du nicht schon gesehen hast. Warum du nach einer solchen Veranstaltung deine Angst nicht verlierst, warum deine Erleichterung trügerisch bleibt und dein Lachen hysterisch.

“Then I got a hunch, and turned quickly to the advertisements. it was as I expected: no fnords. That was part of the gimmick, too: only in consumption, endless consumption, could they escape the amorphous threat of the invisible fnords.” (“Illuminatus!”)

Ausgehend von Rolf Lindners Theorie der Werbung wird es um den alten Streit gehen, wer in der Gesellschaft eigentlich wen wozu manipuliert und inwiefern das überhaupt erforderlich ist. Zu diesem Zweck wird es Ausflüge in die Geschichte von Werbung und Propaganda geben und eine kurze Einführung in die Welt der Ideologie, die von Marxisten als “notwendig falsches Bewußtsein” der herrschenden Gesellschaftsordnung bezeichnet wird. Das heißt: solange die Dinge laufen, wie sie laufen, solange wir lohnarbeiten gehen oder andere lohnarbeiten lassen, solange wir uns zueinander in permanenter Konkurrenz befinden, gehen die Fnords nicht weg, geht die Angst nicht weg und wir glauben allen möglichen Quatsch, zum Beispiel, daß Dinge, die praktisch jeder auf der Welt weiß, unterdrückte Nachrichten seien.

Das “notwendig falsche Bewußtsein” ist aber nur solange notwendig, wie man bewußt oder unbewußt will, daß der Laden läuft. Ohne diese Absicht, ohne diesen Wunsch, ohne diese Selbstverständlichkeit würden auch die Fnords nicht verfangen und es wäre Platz fürs Erproben eines Lebens ohne Konkurrenz, Lohnarbeit und Herrschaft.

6 Responses to “Kulla @ Sigint10: “Wo sind die Fnords?””

  1. Wolfgang Says:

    “In theory, in theory.” (Homer Simpson)

  2. Lasterfahrerei Says:

    kleinen fehler hast du gemacht: unbewusst wollen? what the heck is that? oder kommt das von marx?

  3. cyrano Says:

    Unbewusst wollen ist isoliert bestimmt ein begrifflicher Widerspruch, auf den sich (die Prognose wage ich mal) einige hier noch mit Freude stürzen werden, aber wenn man draus macht “unbewusst so agieren dass…”, triffts doch, oder? Viele die als Musterbürger vor sich hin leben sind sich ja tatsächlich nur darüber im Klaren, dass sie für sich selbst ein gutes Leben wollen, und pragmatisch bereit, das unter den derzeitigen Bedingunen zu verwirklichen. Damit das aber eben nach Selbstverwirklichung aussieht, und nicht nach einwilligen in den Sachzwang, muss das bestehende schon implizit mit gerechtfertigt werden, und ob solche Pragmatiker denn bereit währen, sich pragmatisch auf veränderte Bedingungen einzulassen, währe ich mir auch nicht so sicher.

  4. lasterfahrer Says:

    “unbewusst so agieren dass…” ist aber auch merkwürdig. also eine methode wäre zu erklären das das agieren verdrängt wird und das es dann über das unbewusste eine wirkung auf das handeln hat, wenn es das überhaupt gibt. unüberdacht handeln geht da schon eher. dann ist die frage auf was in hinblick unüberdacht.
    wie gesagt, “unbewusst handeln” ist mehr eine ausrede. die aber eher eine ausrede vor sich selbst ist, als das sie bei anderen als ausrede gelten kann.

  5. Aktionskletterer Says:

    Das Definitionsrecht an der seelischen Vergewaltigung ist in der prekären Lage sich lediglich über eine gleichnishafte Sprache geltend machen zu können. Ohne totale Reproduktion des Diskurses den Nachweis einer destruktiven psychologischen Treffsicherheit erbringen zu wollen führt meist in einen linguistischen Nebel. Hier wäre es sinnreich die Kategorien der marxistischen Philosophie auf den diskordischen Begriffsrohling anzuwenden und diesen dialektisch und historisch zu beschreiben: Gibt es solche und solche Fnords, was sind die Unterschiede, und auf welche Weise haben sich diese im Lauf der Zeit entwickelt?

  6. edi Says:

    dreissig euros pro tag?
    für vorträge?

    sag mir mal bitte jemand, dass da frei fressen und saufen drin ist, sonst weiss schon b. brecht, wo meine moral sich befindet…

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