Weil so oft das Wichtigste nicht gesagt wird: Kommunismus

October 29th, 2015

Ich bin dafür, daß alle kriegen, was sie brauchen, und ich bin mir sehr sicher, daß das im Rahmen dieser Gesellschaftsordnung nicht geht, die täglich Tausende verhungern läßt, die sich das Essen nicht kaufen können, das es gibt.

Ich bin für die Überwindung von Herrschaft, von Staat und Kapital, und für die Einrichtung einer klassenlosen, herrschaftsfreien Weltgesellschaft, in der alle ihre Bedürfnisse (nicht ihren Bedarf) anmelden und Produktion und Reproduktion gemeinsam organisieren.

Das beginnt mit kämpferisch-kritischem, möglichst ebenbürtigem Zusammenschluß, mit der Aufklärung der Bedürfnisse und Fähigkeiten (auch und vor allem der so schlecht verstandenen Rausch und Lust), der Aufklärung über Herrschaft und ihre Ideologie, dem kollektiven Widersetzen und dem Streik, der kollektiven Aneignung der Produktionsmittel und der Abwehr oder Umgehung aller Versuche, das zu unterbinden, zu verschleppen und zu vereinnahmen.


Klassenkampf ist nicht alles,
aber ohne Klassenkampf ist alles nichts

Dem steht gegenwärtig fast alles entgegen. Ideologie, die immer die eigene Herrschaft (also die Herrschaft, unter der jemand lebt oder die jemand lieber hätte) als richtig und gut setzt (als gottgewollt oder naturgegeben), muß von dieser guten Herrschaft wegblicken und die Probleme anderswo verorten, bei den als wehrlos scheinenden oder als übermächtig vorgestellten Schadensbringern, Faulen, Betrügenden, Aufmüpfigen, an denen sich ausgelassen werden kann.


Slide aus dem “Entschwörungstheorie”-Vortrag

Im Zusammenwirken mit der allgemeinen Konkurrenz zwischen Staaten um ausbeutbares Gebiet, Unternehmen um ihren Anteil an der Ausbeutung und auf dem Arbeitsmarkt um die Ausbeutungsplätze, erzeugt Ideologie die Distinktionen: Menschen versuchen sich von anderen abzuheben, statt sich mit ihnen zusammenzuschließen; versuchen, als etwas Besseres durchzugehen, letztlich ihre Waren und Arbeitskraft wenigstens teurer als diese anderen verkaufen zu können. Diese Distinktion erfolgt entlang unzähliger Gegenüberstellungen:

Zusammenschluß wirkt weder automatisch der Ideologie entgegen, noch ist er einfach. Direkt neben dem Zusammenschluß, der egalisierend und selbstermächtigend wirkt, liegen all die einfacheren Abzweigungen, Ausreden, Inkonsequenzen, die alle ähnlich aussehen können, ohne jedoch auch so zu wirken. Und nur an dieser Wirkung läßt sich ablesen, ob es die wirkliche Bewegung in Richtung einer Welt, in der alle kriegen, was sie brauchen, ist: wenn also (in der Tendenz) die Distinktionen überwunden und der Ideologie die Grundlage entzogen wird.

Wer sich in egalisierender und selbstermächtigender Weise zusammenschließt, muß sich seine Gegner nicht mehr einbilden und als Feinde vorstellen – er wird sich ihnen direkt gegenübersehen.

Es muß immer jemand anfangen, und dieser Anfang ist aus der Herrschaftsgeschichte der letzten paartausend Jahre nicht abzuleiten; er ist immer ein Bruch mit dieser Geschichte. Dennoch sähe Herrschaft heute auch anders aus, wenn sich ihr nicht immer widersetzt und entzogen worden wäre, wenn es nicht die Versuche gegeben hätte, sie zu überwinden. Das ist in jedem Land der Welt schon häufig passiert und auch in diesem Land hier, niemals vermutlich so weitgreifend wie im März 1919. Und die schlimmste Reaktion bisher, der Nationalsozialismus, entstand als direkte Reaktion darauf, so wie in den meisten Ländern der Welt Faschismus und organisierter moderner Antisemitismus zur Niederschlagung einer Arbeiterrevolution auf den Plan traten.

Diese Reaktion wird, solange es Herrschaft gibt, nicht wieder aus der Welt verschwinden und ihr wird sich immer gestellt werden müssen, wie auch allen anderen Formen der Reaktion (auch die größten und wichtigsten Vereinnahmungen – Sozialdemokratie, Realsozialismus, anderswo z.B. Peronismus – entstanden als Reaktion auf die revolutionäre Arbeiterbewegung und mußten sich deren Anliegen auch weiträumig zu eigen machen). Dennoch kann ihr auf Dauer der Boden nur entzogen werden, wenn wir es trotzdem versuchen – anfangen, nicht mehr das Einfache zu machen, sondern das Richtige. Trotz alledem.

So seh ich das, und so sehen das hoffentlich noch ein paar andere.


Wie’s ungefähr gehen könnte:
“Kropotkin – Die kommende Revolution”

One Response to “Weil so oft das Wichtigste nicht gesagt wird: Kommunismus”

  1. Post aus der praktischen Kritik | Das grosse Thier Says:

    […] http://www.classless.org/2015/10/29/weil-so-oft-das-wichtigste-nicht-gesagt-wird-kommunismus/ (2) https://refugeecongress.wordpress.com/ – dies sind die Worte nur einiger, die damals […]

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