Rassismus, Konkurrenz und Zusammenschluss
June 2nd, 2020Rassismus hilft sich in der Konkurrenz durchzusetzen. Mit der rassistischen Abwertung geht eine ökonomische einher, Waren und vor allem Arbeitskraft der rassistisch Abgewerteten sind “weniger wert” oder auch gar nichts (Sklaverei).
Gleichzeitig werden die “unmarkierten” Arbeitskräfte, die “Weißen”, relativ dazu aufgewertet, nehmen so die Rolle der früheren Haussklaven ein: weniger intensiv ausgebeutet, besser bezahlt, ausgestattet mit Zugang zu “weißen” gesellschaftlichen Sphären und mit automatisch unterstellter Kompetenz (das ist das, was Theodore W. Allen als das Privileg des Weißseins beschrieb, einst Kern seines “Critical Whiteness”-Ansatzes), dadurch loyaler gegenüber der Herrschaft und meist selbst aktiv rassistisch.
Die Exotisierung des Rassismus in Deutschland, seine Einstufung als Erscheinung vor allem der USA, der anderen Kolonialmächte und der nationalsozialistischen Vergangenheit, hat mit der Verdrängung der eigenen Kolonialgeschichte, mit der Unsichtbarmachung der Nichtweißen in Deutschland aber auch damit zu tun, dass sich Rassismus hierzulande nicht nur auf die Hautfarbe, sondern historisch sogar mehr noch aufs Blut/Wesen bezieht und so auch andere “Weiße” (vor allem Osteuropäer*) abzuwerten vermag, die Begrifflichkeiten des US-Antirassismus also nur teilweise übertragbar sind bzw. zusätzlicher Erläuterung bedürfen.
Die gleiche Abwertung der Arbeitskraft findet sich auch im Sexismus, der als nicht-männlich klassifizierte Arbeit als “weniger wert” ansieht, sie geringer oder gar nicht bezahlt sehen will (“Hausfrau”) und das ebenfalls mit Zwang, Einschüchterung und Ideologie durchsetzt. Durch das Zusammenwirken kommt es zu doppelter Abwertung gegenüber nichtweißen Frauen*, viele Menschen sind weiteren Abwertungen ausgesetzt. (“An outcast in everybody’s life” nennt sich Shea Diamond)
Um sich wirksam dagegen zu wehren, war fast immer zumindest ein partieller, aber sichtbar wirksamer Zusammenschluss der je konkret Abgewerteten nötig – viel mehr konnte erreicht werden, wenn sich die verschieden Abgewerteten miteinander und den “Unmarkierten” zusammentaten, wenn Anfang des 20.Jahrhunderts etwa die polnischen und deutschen Arbeitskräfte im Ruhrgebiet, die intensiv rassistisch und religiös gegeneinander aufgehetzt worden waren, gemeinsam streikten und während der Revolution ab 1918 auch gemeinsame Kämpfe führten.
Im großartigen Film “Matewan” über einen erbittert geführten Arbeitskampf in den USA 1920/21 macht der “rote” Joe Kenehan den weißen Gewerkschaftsmitgliedern klar, dass sie keine Gewerkschaft, sondern ein Club sind, wenn sie keine Nichtweißen aufnehmen: “You think this man is the enemy? Huh? This is a worker! Any union keeps this man out ain’t a union, it’s a goddam club! They got you fightin’ white against colored, native against foreign, hollow against hollow… We got to organize and build support. We got to work together. Together! Till they can’t get their coal out of the ground without us cause we’re a union! Cause we’re the workers damn it and we take care of each other!” (Hier die ganze Szene, beginnt mit rassistischen Statements)
In diesem Sinne sei auch noch eine der wichtigsten Schwarzen Stimmen des vergangenen Jahrhunderts zitiert, einer der Sprecher der Black Panther Party, Fred Hampton: “Wir werden den Kapitalismus nicht mit Schwarzem Kapitalismus bekämpfen, wir werden ihn mit Sozialismus bekämpfen.”
“They fuck whoever can’t fight back”, heißt es in der Antirassismus-Hymne “No Lives Matter” von Body Count, “but now we gotta change all that!”
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