Videomitschnitt Entschwörung spezial @ re:publica
April 26th, 2010Philip hat meinen Vortrag auf der re:publica mit sämtlichen Ähs gefilmt und jetzt hochgeladen:
Das war der Einreichungstext:
Entschwörungstheorie spezial: Die Republik der Netzdynamiker.
Schlechte Herrschaft und unfairer Markt sind immer die anderen.Ach, würde die Politik doch nur transparenter sein! Und würde doch nur moderner gewirtschaftet werden! Dann könnten wir endlich in der versprochenen Wunderwelt der sozialen Marktwirtschaft leben. Dazu müßten aber die böswilligen Politiker und verantwortungslosen Wirtschaftsbosse verschwinden, die nur noch mit Kungelei, Betrug und Terror ihre überholte Welt gegen den Sieg der internetgestützten Vernunft verteidigen können.
In der Idee einer Weltverschwörung hat sich im Laufe der letzten zwei Jahrhunderte ein breites Repertoire an Vorstellungen von schlechter Herrschaft und unfairem Wettbewerb angesammelt, aus dem sich empörte Demokraten jederzeit bedienen können, um den Irrtum zu prolongieren, Demokratie wäre irgendwie gar keine Herrschaft und Kapitalismus würde gar nicht grundsätzlich auf Ausbeutung beruhen. So sehr das Internet auch zur Überprüfbarkeit von Verschwörungsmythen beigetragen hat, so wenig scheint es doch auch und gerade bei vielen Netzaktivisten an den grundlegenden Auffassungen zur Gesellschaftsordnung geändert zu haben.
In der vergleichenden Betrachtung des Verschwörungsdenkens, des alltäglichen Politik-Diskurses und einiger unter Netzaktivisten verbreiteter politischer Auffassungen liegt die Möglichkeit, nicht mehr wie Batman darüber zu verzweifeln, daß man die Welt einfach nicht sauber bekommt. Das Problem besteht nicht darin, daß Staat und Kapital nicht richtig funktionieren, sondern es besteht in ihrem Funktionieren.
Bewaffnet mit der Unterscheidung von offenem und ideologischem Verschwörungsdenken, begebe ich mich – die Frage von Vermittlung und Ausbreitung immer im Blick – ins Dickicht von Vermutungen, Beweisen, Glauben und Wahn. Alles, was Sie schon immer über Verschwörungstheorien… na, Sie wissen schon.
April 27th, 2010 at 10:25
Mal ne Frage, gibt´s ein größenoptimiertes mp3 für lahme Internetanbindungen?
April 28th, 2010 at 15:21
im prinzip ja ok. teilweise aber wie “ich will aber jetzt ein eis.”
kritikpunkt ist der generelle idealismus das menschen ein “bewusstsein” haben. daher kann auch nicht von einem falschen oder richtigen gesprochen werden, sollange das nicht geklärt ist.
April 28th, 2010 at 15:32
Nach und nach fällt echt auf, dass das nur Soziologengeschwurbel ist; du kannst damit sicher eine weitere Dr-Arbeit machen, aber kommunistische Kritik an dem Verschwörungsdenken ist das nicht, weil du lediglich das Funktionieren der Theorien beschreibst, aber nicht Zweck, Inhalt und Mangel.
April 28th, 2010 at 16:37
@ Bac
Ja, ja, ich bin nicht deine Kritik. Bin aber auch kein Soziologe und auch sonst nur sehr sporadisch an Unis gewesen. Deine Art und Weise, mich über diese inhaltslosen Ansagen abzuqualifizieren, scheint mir auch viel besser in den akademischen Betrieb zu passen als ich.
Ich nehme an, Zweck, Inhalt und Mangel werden korrekt hier dargestellt?
April 28th, 2010 at 18:42
Es war schon ein bisschen mehr, als nur zu sagen, dass wir unterschiedlicher Ansicht sind; dass ich wenig ausgeführt hab, stimmt schon, aber ich dachte halt, dir fiele vielleicht was auf.
Du machst es in den Vorträgen doch tatsächlich so: Du stellst dar, dass es erst mal reale Verschwörungen gibt und dann, dass wie die Überlegungen zu Verschwörungen funktionieren und sortierst dann vergleichsweise verschiedene Typen heraus. Da ist letztlich nicht klar, was da nun für ein mangelhaftes Bewusstsein unterwegs ist, außer man unterstellt, dass die Verschwörungstheorien eben nicht der Realität entsprechen. Was ein Verschwörungsdenken ist, welcher Grundlage es entspringt etc – das weiß der Hörende nicht.
Selbst dein Musikkumpel kapiert noch nicht mal, was du so sagst, insofern liegt das vielleicht wirklich an deinen mangelhaften Ausführungen?
April 28th, 2010 at 20:38
“Was ein Verschwörungsdenken ist, welcher Grundlage es entspringt etc – das weiß der Hörende nicht.”
Oh, und “was ist” es denn deines Erachtens?
Übrigens: dir ist schon aufgefallen, daß dieser Vortrag sich von anderen von mir zum Thema recht gründlich unterscheidet, oder?
April 29th, 2010 at 01:02
@Aktionskletterer:
http://www.video2mp3.net/
April 29th, 2010 at 13:09
bac: echt ich hab das nicht kapiert? gut das ich das mal erfahre.
May 6th, 2010 at 19:15
@Xenu’s Pasta – Danke.
* * *
Um auf die abschließende Frage einzugehen, welche den anfangs anvisierten Applaus gekostet hat, eine Absolutismus-Travestie ist insofern gegeben als dass sich die Unterscheidung zwischen Legalität und Legitimität als gedankliches Hilfskonstrukt verselbständigt. Legalität ist eine gesellschaftliche Variable, Legitimität hingegen eine anthropologische Konstante. Wenn dieses Element der Unterscheidung ignoriert wird, verrutscht die Antwort auf die Frage nach der Legitimität schrittweiser Verbesserungen am System.
Schrittweise Verbesserungen können unter Umständen auch grundsätzliche Verschlechterungen sein welche nicht gleich als solche erkennbar sind. Unter dem Vorwand, Korruption und Mißbrauch zu bekämpfen, können etwa im Rahmen der politischen Meinungsbildung auch Übel wie Diktatur und Überwachung an- bzw. auftreten. Um derartigen Entwicklungen vorzubeugen verfügt ein offenes System über Absicherungstechniken – sofern sie nicht durch Manipulation umgangen werden. Dieselbe schrittweise Verbesserung kann auf dem einen Weg legitim sein, mit anderen Mitteln jedoch nicht.
Ein Themenfeld auf dem die Unterscheidung zwischen Legalität und Legitimität vielleicht deutlicher wird als beim Antifaschismus, weil es zwar auch eine falsche Gesetzeslage aber kein falsches Bewußtsein der Öffentlichkeit zur Legitimität der Auseinandersetzung gibt, ist die Gentechnik. Keine Ahnung ob das da jetzt schon eine Verschwörung ist, aber es hört sich an wie eine Expertokratie, es entscheidet wie eine Expertokratie, und es verhält sich wie eine Expertokratie…
September 13th, 2010 at 13:32
[…] von Demokratieidealismus in der Netz- und Anti-Überwachungs-Szene sprach ich im April auf der re:publica.) In alldem unterschieden sich die mitlaufenden Partei-Blöcke wenig, bei den Jusos lief immerhin […]
October 25th, 2010 at 15:03
[…] Congress greife ich eine Anregung von ihdl auf und nehme mir – gewissermaßen als Ausweitung meines Vortrags auf der re:publica – netzbewohnerspezifische Formen von Demokratieidealismus vor._Event title_ Ganz schön […]