Weihnachtsgrüße aus dem Berliner Schloss

December 23rd, 2018

Weihnachtsgrüße aus dem Berliner Schloss – von der Volksmarinedivision, die an Heiligabend 1918 von konterrevolutionären Truppen mit Granaten unter Beschuss genommen wurde. Die revolutionären Matrosen befürchteten die Auflösung ihrer Einheit, hatten auf ihrem Sold bestanden und den Stadtkommandanten Otto Wels (SPD) festgesetzt. Daraus hatte sich die Ebert-Regierung den willkommenen Vorwand verschafft, mit den verfügbaren 1200 Mann Infanterie, Maschinengewehren und vier Batterien Feldartillerie die ihres Erachtens wichtigste Truppe der Revolution in Berlin angreifen zu lassen, die zwar keinesfalls mehrheitlich zu Spartakus hielt, aber starke Loyalitäten zur USPD und zur Demokratisierung des Militärs hatte.

Das Kommando über den Angriff hatte der Berliner Militärgouverneur Arnold Lequis, einer der beiden Urheber der Putschpläne vorm Reichsrätekongress; zum Einsatz kommt erstmals die Garde-Kavallerie-Schützendivision unter Waldemar Pabst, aus der später mehrere Freikorps hervorgehen sollten. Wenn auch die Volksmarinedivision Verluste erlitt, so waren hier die Verluste auf der anderen Seite noch erheblich höher. Und wenngleich das Schloss gestürmt wurde und die Matrosen zwischenzeitlich zur Aufgabe des Marstalls bereit waren, retteten doch die Sicherheitswehr des USPD-Polizeipräsidenten Emil Eichhorn und herbeigeströmte, teilweise bewaffnete Massen aus den Arbeitervierteln der umliegenden Berliner Stadtbezirke, darunter auch Frauen und Kinder, die Situation, indem sie die Angreifer überrumpelten und zur Aufgabe bewegten. “Ganze Gruppen begannen zu meutern und verjagten ihre Offiziere.” (Klaus Gietinger)

Schon mittags, nach vier Stunden Kampfgeschehen, müssen Pabst und seine Leute abziehen, er bezeichnet das als den schlimmsten Moment seiner militärischen Karriere, wird aber im Januar von Noske jede Gelegenheit zu neuen Ruhmestaten bekommen – darunter die Ermordung von Luxemburg und Liebknecht. Lequis wirft vorbereitend für Kommendes in einem Interview ein anderes Thema auf: Weil nicht auf Zivilisten gefeuert werden durfte, hätte man hier gegen Frauen und Kinder verloren. Er wird dafür entlassen, sein Nachfolger Lüttwitz wird seine Worte schon bald als Leiter der Niederschlagung des Januaraufstands und der Märzkämpfe in Berlin sowie später beim Kapp-Lüttwitz-Putsch beherzigen.

Deutlich wird hingegen, dass das nun durch die Niederlage der einzigen handlungsfähigen konterrevolutionären Einheit in Berlin entstandene Machtvakuum weder von Spartakus noch der USPD noch den Massen selbst zum allgemeinen Aufstand und zur Vollendung der Revolution genutzt wird – praktisch alle feiern nun Weihnachten und Silvester. Der Aufstand startet erst lange zwei Wochen nach dem Sieg über die GKSD und nach weiterer Zerrüttung des Verhältnisses zwischen USPD/Obleuten und der mit bis dahin in der KPD aufgegangenen Spartakusgruppe.

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