Hitler begins, Teil IV: als Aufbauhelfer zur D.A.P.

September 12th, 2019

Am 12. September 1919 lässt Karl Mayr, Leiter der Propagandaabteilung Ib/P bei der „vorläufigen Reichswehr in Bayern“, den Gefreiten Adolf Hitler und mindestens sieben weitere Soldaten eins der ersten öffentlichen Treffen der direkten NSDAP-Vorgängerorganisation Deutsche Arbeiterpartei (DAP) besuchen. Die Stadtkommandantur von München, die unter dem herrschenden Kriegszustand für die Genehmigung öffentlicher Veranstaltungen zuständig ist, scheint das Treffen fälschlich für eine der vielen linken Veranstaltungen zu halten, die sonst vor allem von der USP, der nach wie vor größten revolutionären Organisation in Bayern wie auch im ganzen Reich, bestritten werden.

Austragungsort ist die Gastwirtschaft Sterneckerbräu in der Münchner Altstadt (siehe Bild von 1925), ab Oktober erste Geschäftsstelle der DAP. Den Vortrag hält, in Vertretung des erkrankten baldigen Hitler-Förderers Dietrich Eckart, der Bauunternehmer Goffried Feder, den Hitler bereits bei seiner Reichswehr-Umschulung im Juli gehört haben dürfte und dessen gerade 1919 erschienenes “Manifest zur Brechung der Zinsknechtschaft des Geldes” zu einer wichtigen Quelle für die antisemitische Hetze gegen “Großleihkapital” und “jüdische Weltverschwörung” werden soll.

Die Reichswehrführung möchte auf das politische München Einfluss nehmen und unterstützt die noch kleine DAP, die ihr zum einen mit ihrer antibolschewistischen und antisemitischen Haltung nahesteht und die sich zudem durch ihre Basis unter Arbeitskräften der Eisenbahnwerke als Brückenkopf in der “revolutionär verseuchten Arbeiterschaft” anbietet. (Zum Antisemitismus in der Reichswehr)

Hitler und die anderen Soldaten – neben Feldwebel Grillmeier, der mit Hitler an der konterrevolutionären Säuberung des 2. bayerischen Infanterieregiments gewirkt hatte, alle vorher Teil des Reichswehr-“Aufklärungskommandos” im Kriegsheimkehrerlager Lechfeld – agieren dabei nicht als V-Leute, wie später oft kolportiert. Weder schreibt auch nur einer von ihnen einen Bericht über die Veranstaltung, noch halten sie mit ihrer Anwesenheit und der Zugehörigkeit zur Armee hinterm Berg. Wenige Tage später tritt Hitler, wie andere der Anwesenden, der Partei bei.

Und hier findet er, der ansonsten nach dem Fehlschlag in Lechfeld weitgehend beschäftigungslos in der Abwicklungsstelle seines Regiments festsaß, eine neue Aufgabe, die sich in seiner Tätigkeit als Truppenbibliothekar ab November 1919 konkretisieren wird: in der Zusammenschau der im Bestand der Reichswehr befindlichen völkisch-antisemitischen Literatur zur neuen Doktrin des “Nationalsozialismus”.

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• Hitler, Teil I: Säuberung von der Revolution – zu Hitlers Werdegang bis zum Ende der Räterepublik und seiner Tätigkeit im konterrevolutionären Untersuchungsausschuss seines Regiments
• Hitler, Teil II: Umschulung auf Konterrevolution – beim Reichswehr-Weiterbildungskurs für Agitation und Propaganda
Hitler, Teil III: Propaganda-Feldversuch für die Reichswehr (Juli 1919)
• Hitler Teil V: “Lesestoff” und geförderter Aktivismus (November 1919)
• Hitler Begins, Teil VI: Partei-Relaunch (24.2.1920)

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